Was unsere Gesundheitsreform betrifft - da sind wir ja einiges gewöhnt. Auch Nervenstrapazierendes. Das alles aber wird durch ein Novum aus Amerika in Frage gestellt. Dort gibt es einen Krankenhauskonzern - im Aufbau etwa Vivantes vergleichbar -, der eine Operation mit der Reparatur eines Auto gleichsetzt. Denn auf die Ausführung gibt es eine Garantie - von 90 Tagen. Gibt es Komplikationen, wird unentgeltlich neu behandelt, denn außer der Garantie enthält der ungewöhnliche medizinische Vertrag, den die Patienten abschließen, auch einen solchen entsprechenden Paragrafen. Mehr noch: Selbst ein nach einer Operation erforderlicher neuer Krankenhausaufenthalt wird nicht berechnet.
Das Geisinger Health System im US-Bundesstaat Pennsylvania betreibt mehrere Krankenhäuser und beschäftigt über 600 Ärzte. Zum Konzern gehört auch eine Krankenversicherung mit 210 000 Patienten. Die mag, verglichen etwa mit der Barmer oder der AOK, zwergenhaft sein, aber gemeinsam mit der Krankenhausgruppe werden wahrhaft revolutionäre Wege beschritten. Und die scheinen so attraktiv zu sein, dass einige Konkurrenten bereits an Adaption denken - ans Nachmachen.
Das ProvenCare genannte System, vor gut einem Jahr begonnen, wird derzeit nur bei Bypassoperationen angewandt, soll aber auf andere chirurgische Eingriffe erweitert werden. Es bricht radikal mit der üblichen Methode, wonach ein Arzt die Operation und die Vorbereitungen einschließlich Voruntersuchungen absolut individuell ausführt. Statt dessen wurde ein Katalog mit 40 essentiellen Schritten entworfen, die generell und in vorgeschriebener Reihenfolge befolgt werden müssen. „Das läuft ab wie ein Uhrwerk”, stellte dazu der 65-jährige Patient David Dunsmuir geradezu begeistert fest. Kein Arzt darf von den vorgeschriebenen 40 Schritten abweichen, kein bei Geisinger beschäftigter Arzt aber auch hat dieser ungewöhnlichen Prozedur wegen das Unternehmen verlassen.
Rückblickend auf die ersten zwölf Monate dieser neuen Operationmethode stellte die Krankenhausverwaltung jetzt fest: Die Operierten konnten früher als sonst üblich aus dem Hospital entlassen werden, sie mussten auch viel weniger zu Nachbehandlungen erneut im Krankenhaus aufgenommen werden. „Damit hat sich dieses System hervorragend bewährt”, meint einer der daran beteiligten Chirurgen, „wobei nicht verschwiegen werden soll, dass wir sehr skeptisch an diese neue Methode herangegangen sein”.
In den ersten zwölf Monaten stellte es sich heraus, dass die Geisinger-Krankenhäuser finanziell nicht schlechter fahren als vor Einführung des Fix- und Garantiesystems: Zur Fixsumme für eine Bypassoperation werden etwa 12 000 Dollar hinzu gerechnet. Das etwa ist die Summe, die ein zweiter Krankenhausaufenthalt kostet. Der wird jedoch auf Grund der 40-Schritte-Prozedur bei der Operation fast immer hinfällig - neben dem Patienten hat also auch der Hospitalkonzern seinen Gewinn.
Zu Beginn der einmaligen chirurgischen Technik führten die Ärzte die 40 vorgeschriebenen Schritte lediglich zu 59 Prozent aus. Seit sieben Monaten etwa trifft das auf 100 Prozent zu.
Der Geisinger-Konzern, so sein chirurgischer Chef Prof. Dr. Glenn Steele, arbeitet jetzt daran, Standards wie für die Bypass-Eingriffe auch für andere Oprationen zu entwickeln. Hüfteingriffe, vor allem aber Hüftimplantationen, stehen dabei derzeit im Vordergrund.