Mit einer Volksweisheit macht eine empirische Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Schluss: Der Mond hat keine Auswirkung auf die Zahl der Geburten. Der Statistiker Oliver Kuß analysierte die Daten von vier Mio. Geburten aus dem Bundeland Baden-Württemberg im Zeitraum zwischen 1966 und 2003. Ein Vergleich mit den 470 in dieser Zeit ablaufenden Mondphasen zeigte, dass diese keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Geburt haben, ist der in der Fachzeitschrift “Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica” publizierten Studie zu entnehmen.
“Die Idee zur Untersuchung ist bei einer Provokation am Stammtisch gekommen”, berichtet Kuß im Gespräch mit pressetext. Dass bei Vollmond mehr Kinder geboren würden, sei ihm absurd erschienen, zudem erkannte er methodische Mängel in bisherigen Studien, die solches behaupteten. Das statistische Landesamt Baden-Württemberg versorgte ihn mit umfangreichen Datenmaterial, das er nach dem Prinzip der Spektralanalyse untersuchte. “Ich zerlegte die Geburtenreihe in Zyklen und untersuchte, welche Zyklen am Geburtszeitpunkt beteiligt waren.” Nun sei bewiesen, dass es keinen tatsächlichen Zusammenhang zwischen Mond und Geburten gäbe. “Die Leute glauben trotzdem daran, weil sie ein Bild von der Welt suchen, das ihnen Sicherheit gibt”, interpretiert Kuß den teilweise auch in Gesundheitsberufen verbreiteten Volksglauben.
Allerdings ließen sich zwei andere Zyklen feststellen. “Die monatliche Geburtenzahl steigt im Jahresverlauf an und erreicht im September ihren Höhepunkt, ehe sie wieder abflaut”, so Kuß. Die September-Gebärfreudigkeit könne auf eine Zeugung in den Weihnachtsferien oder in der dunklen Jahreszeit zurückgeführt werden. Ein zweiter Zyklus betrifft den Wochenverlauf. An Montagen und Dienstagen gibt es viele Geburten, am Wochenende wenig. Das könne laut Kuß auf die Praxis der Kliniken zurückgeführt werden, mit künstlich eingeleiteten Geburten auf den Wochenbeginn zu warten.