Das gab es noch nie – dass eine Injektion in der Lage ist, eine bestimmte Krebsbart zu verhindern. Ein entsprechendes Medikament des Pharmagiganten Sanofi Pasteur/Merck & Co Inc. steht in Kürze zur Verfügung: Der Impfstoff Gardasil. Er ist in der Lage, Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) zu verhindern, wenn er rechtzeitig verabfolgt wird – an junge Mädchen, bevor sie überhaupt sexuell aktiv werden. Und genau diese Voraussetzung führt zu ethischen und moralischen Bedenken: Könnte unter solchen Umständen nicht Promiskuität gefördert werden, der frühzeitige Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partern?
Zunächst einmal: Die Fachwelt jubelt. In der „New York Times“ etwa kommentiert der amerikanische Gynäkologe Dr. Ben Daitz: „In meinem ganzen Leben als Arzt hat es nur wenige Male gegeben, wo ich – zumindest zu mir selbst – gesagt habe Das ist ja eine wirklich tolle Nachricht
- aber das hier ist nun wirklich eine“. Und die britische Krebsforscherin Dr. Anne Szarewski wird in den BBC-News mit den Worten zitiert: „Mehrere Tests verstärken den Beweis, dass ein Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs für die Zukunft Großes verheißt“.
An den klinischen Tests des neuen Impfstoffs nahmen mehr als 12 000 Frauen im Alter zwischen 16 und 23 Jahren in 13 Ländern teil. Gardasil erwies sich dabei zu 100 Prozent erfolgreich – frühe Formen des Zervixkarzinom wie auch vor-krebsliche Abnormalitäten, verursacht durch zwei Papillomavirus-Sorten (HPV 16 und 18), wurden durch die Impfung vermieden. Der Human Papillomavirus (HPV) wird sexuell übertragen, und die Sorten 16 und 18 sind für 70 Prozent aller Gebärmutterhalskrebse verantwortlich.
Professor Margaret Stanley von der Cambridge-Universität zählt ebenfalls zu den Befürwortern des neuartigen Impfstoffes: „Die Ergebnisse der klinischen Test sind allein deshalb so überzeugend, weil sie in großem Rahmen erfolgten – und dann auch noch einen hundertprozentigen Erfolg aufweisen.“
Eine Kommission der zuständigen amerikanischen Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) hat sich bereits für die Zulassung von Gardasil ausgesprochen, so dass der Markteinführung nichts mehr im Wege steht. Der Hersteller Sanofi/Merck wird demnächst auch die zuständigen europäischen Behörden um Zulassung ersuchen. Einen vergleichbaren Impfstoff übrigens will Großbritanniens GlaxoSmithKline unter dem Namen Cervarix anbieten.
Obwohl die sexuelle Übertragung des gefährlichen Virus HPV vor allem in Entwicklungsländern zum Problem geworden ist – in Mexiko beispielsweise sterben täglich 12 Frauen an Gebärmutterhalskrebs -, laufen christliche Organisationen vor allem in den USA und in England Sturm gegen mögliche Massenimpfungen. Damit würden ihre Bemühungen für die sexuelle Abstinenz Jüngerer, die auch die Regierung Bush propagiert, untergraben.
Zweifellos zählen die frühe Aufnahme des Geschlechtsverkehrs sowie häufiger Partnerwechsel zu den Risikofaktoren. Weltweit am häufigsten sind Frauen im Alter zwischen ihrem 30. und 50. Lebensjahr von Gebärmutterhalskrebs betroffen. Das Zervixkarzinom verursacht lange Zeit keine Beschwerden. Deshalb sollten Frauen sich wenigstens einmal jährlich einem Paptest unterziehen – der übrigens schon 1926 von George Nicholas Papanicolaou entwickelt wurde.