Diabetes mellitus ist und bleibt ein Thema für die Mediziner, weil neben der individuellen Vorgeschichte des Patienten eine Reihe weiterer Faktoren – und es werden immer wieder neue entdeckt - das Entstehen der Erkrankung begünstigen können. So wurde erst kürzlich festgestellt, dass Lärm, auch der „einfache“ Verkehrslärm, nicht nur für die verschiedensten Gesundheitsstörungen verantwortlich ist, sondern auch das Auftreten von Diabetes mellitus begünstigt. In einer dänischen Studie an 57.000 Erwachsenen führte der Anstieg des Verkehrslärms um 10 dB zu einem um 8-11% höheren Risiko, an Diabetes zu erkranken oder einen bereits bestehenden Diabetes zu verschlechtern. Die pathophysiologischen Ursachen liegen, wie mittlerweile bekannt, in einer erhöhten Ausschüttung von Kortikoiden, den Stresshormonen, die zu einer Störung der Glukoseregulation führen und die Insulinausschüttung beeinträchtigen.
Doch auch die bei Diabetikern immer wieder auftretenden Begleiterkrankungen, vor allem aus dem kardiovaskulären Bereich, erschweren die Behandlung. Sie werden in der Regel mit Sulfonylharnstoffen, wie Tolbutamid behandelt. Relativ einfach in der Handhabung, und oral eingenommen bleiben die Behandlungskosten dabei akzeptabel.
Nun aber zeigte sich in einer Meta-Analyse von Diabetes Studien dass die mit Sulfonylharnstoffen behandelten Patienten ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, vor allem aufgrund von kardiovaskulären Ereignissen aufwiesen[1] . Die Schlussfolgerung hieraus ist, dass eine adäquate Behandlung nicht nur darauf abzielen muss, den Blutzucker und den HbA1c effektiv zu senken, sondern nach Möglichkeit auch die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität zu verringern. Das kardiovaskuläre Sicherheitsprofil einer Substanz wird zukünftig also ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl der Behandlung sein.
Die kardiovaskuläre Sicherheit des relativ neuen Antidiabetikums Sitagliptin Januvia® (MSD Sharp & Dohme GmbH) wird z.Z. in der TECOS Studie[2] untersucht. Erste Ergebnisse hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos dieser Substanz als Monotherapie oder in Kombination mit herkömmlichen Antidiabetika sind vielversprechend – sie weisen auf ein niederes Risiko hin.
Neben gesundheitlichen Sicherheitsaspekte spielen bei der Behandlung des Diabetes mellitus auch so einfache Dinge, wie der Einnahmezeitpunkt oder das Gewicht der Patienten eine Rolle. Jardiance® (Empagliflozin, Boehringer Ingelheim GmbH), erfüllt diese Forderungen. Es muss nur einmal täglich, unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden. Der Blutzucker wird optimal eingestellt und der HbA1c Wert relevant gesenkt. Was die Patienten besonders motiviert, das Gewicht kann um 1-4 kg reduziert werden. Jardiance® ist als Monotherapie bei Metformin-Unverträglichkeit sowie als Add-on-Kombinationstherapie zugelassen.
Die maßgeschneiderte Diabetes Therapie soll einfach und sicher in der Handhabung sein, den Blutzucker sowie dem HbA1c Wert senken, sowie Komplikationen und das kardiovaskuläre Risiko minimieren. Mit den mittlerweile zur Verfügung stehenden neuen Antidiabetika wird das Ziel (fast) erreicht. Aber: Bei Typ 2 Diabetikern kann der Blutzucker über viele Jahre hinweg ohne (zusätzliches) Insulin gesenkt werden, weil der Körper noch eigenes Insulin produziert. Doch im Laufe der Zeit ist die Bauchspeicheldrüse dazu immer weniger in der Lage, Blutzuckerwerte und HbA1c-Wert steigen kontinuierlich an, trotz Behandlung oft mit zwei unterschiedlichen Medikamenten, richtiger Ernährung und Bewegung. Es wird also Zeit für Insulin.
Auch bei der Insulintherapie gibt es heutzutage eine ganze Reihe von Insulinen, die individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden können: Liraglutid (Victoza®, Fa. Novo Nordisk), ein Basalinsulin als Fertigspritze, ist, als Monotherapie oder in Kombination mit oralen blutzuckersenkenden Medikamenten, zur Behandlung von Diabetes Typ 2 bei Erwachsenen zugelassen. Deglutec (Tresiba®, Fa, Novo Nordisk), das „Super-Langzeit-Insulin“, kann bei Diabetes Typ 2 und Typ 1 angewendet werden und garantiert eine stabile Blutzucker- und HbA1c-Senkung über 42 Stunden hinweg. Die einmal tägliche Injektion kann ohne Wirkverlust flexibel an die Lebensumstände des Patienten angepasst werden. IDegLira (Xultophy®, Novo Nordisk) ist eine Fixkombination aus dem Basalinsulin Deglutec und Liraglutid, verfügbar in einem einzigen Pen zur einmal täglichen Gabe und kombiniert die Effekte der beiden Komponenten aufs beste: Senkung des Nüchternblutzuckers durch das Basalinsulin Deglutec und eine gute postprandiale Wirkung durch Liraglutid. Wirksamkeit und Sicherheit von IDegLira wurden im multinationalen Phase-3-Studienprogramm DUAL™ untersucht.
Ein Basalinsulin der nächsten Generation ist Toujeo® (Insulin glargin U300, 300 E/ml von Sanofi)– für Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Die neue Formulierung von Insulin glargin wurde in einem umfangreichen klinischen Studienprogramm der Phase III (EDITION) untersucht und zeichnet sich unter anderem durch ein geringeres Hypoglykämierisiko bei Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Lantus® (Insulin glargin U100, 100 E/ml) aus. Es hat eine dreifach höhere Konzentration als Insulin glargin U100, ein geringeres Volumen und bildet nach der subkutanen Injektion ein kompakteres Depot mit einer reduzierten Oberfläche. Damit bietet Insulin glargin U300 im Vergleich zu U100 eine langsamere, länger anhaltende und gleichmäßig über den Tag verteilte Insulinfreisetzung sowie ein stabileres Wirkprofil über mehr als 24 Stunden. Vor allem Menschen mit Typ-2-Diabetes profitieren von der veränderten Pharmakokinetik des neuen Basalinsulins.
Weitere Highlights vom Diabetes Kongress 2015 folgen.
Quellen:1Thoma Forst et.al, Association of sulphonylurea Treatment with all-cause and cardiovascular mortality: A systematic review and meta-analysis of observational studies
2 Trail Evaluation Cardiovascular Outcomes with Sitagliptin