Inkontinenz betrifft in Deutschland rund 10 Millionen Menschen – Frauen doppelt so häufig wie Männer Landesärztekammer Hessen. Gerade im Hochsommer kommen oft zusätzliche Belastungen hinzu:
- Feuchtigkeit + Einlage = Hautirritationen: Erhöhtes Risiko für Dermatosen und Infektionen
- Geruchsangst: Stärkere Schweißbildung verstärkt den unangenehmen Duft
- Eingeschränkte Freiheit: Schwimmen, Sport und Reisen werden zur Herausforderung
- Soziale Hemmungen: Rückzug aus Freundeskreis und Familie
Sommer-Tipp: Setzen Sie auf luftig-leichte Unterwäsche, wechseln Sie Einlagen regelmäßig und nutzen Sie schützende Pflegecremes (z. B. mit Zinkoxyd).
Was ist Inkontinenz? Definition & Formen
Inkontinenz bezeichnet den unwillkürlichen Verlust von Urin (Harninkontinenz) oder Stuhl (Stuhlinkontinenz). Bereits ab dem 40. Lebensjahr nimmt das Risiko für Blasenschwäche deutlich zu Edoc-Server, bei Frauen oft schon nach Schwangerschaft und Geburt.
Arten der Harninkontinenz
- Belastungsinkontinenz (Stress): Urinverlust bei Drucksteigerung in der Bauchhöhle (Husten, Niesen, Lachen).
- Dranginkontinenz: Plötzlicher, starker Harndrang, kaum kontrollierbar.
- Mischinkontinenz: Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz.
- Überlaufinkontinenz: Unvollständige Blasenentleerung, oft durch Prostatavergrößerung.
- Reflexinkontinenz (neurogen): Unwillkürlicher Harnaustritt bei neurologischen Erkrankungen (MS, Parkinson, Schlaganfall).
Stuhlinkontinenz im Überblick
Definition: Unwillkürlicher Abgang von Wind, flüssigem oder festem Stuhl – mit oder ohne Harndranggefühl.
Prävalenz: Ca. 1–3 % der Bevölkerung, Frauen häufiger betroffen.
Ursachen:
- Geschwächter oder verletzter Schließmuskel (z. B. nach Geburtstraumen)
- Nervenschäden (z. B. bei Diabetes, MS, Schlaganfall)
- Chronische Darmprobleme (Durchfall oder Verstopfung)
- Eingeschränktes Körperbewusstsein (z. B. bei Demenz)
Behandlung:
- Beckenboden- und Schließmuskeltraining
- Biofeedback oder Elektrostimulation
- Ernährungsanpassung & Stuhlregulation
- Kontinenzhilfen (Tampons, Vorlagen)
- In schweren Fällen operative Verfahren
Geschlechterspezifische Unterschiede
Bei Frauen
- Prävalenz: Bis zu 25 % aller Frauen sind betroffen Physio Deutschland.
- Ursachen: Schwangerschaft, Geburtstraumen, Hormonmangel in der Menopause.
- Typisch: Stress- und Mischinkontinenz.
Bei Männern
- Prävalenz: Etwa 11 % der Männer leidet an Blasenschwäche.
- Ursachen: Prostataerkrankungen, Operationen, neurologische Störungen.
- Typisch: Drang- und Überlaufinkontinenz.
Diagnose: So einfach geht’s
- Anamnese & Blasentagebuch: Trinkmenge, Toilettengänge, Inkontinenzepisoden.
- Urinanalyse & Ultraschall: Restharnmessung, Blasenkapazität.
- Urodynamik: Druckmessungen zur Funktionsanalyse.
- Spezialuntersuchungen: Beckenbodencheck bei Frauen, Prostataabklärung bei Männern.
Behandlung: Von Beckenbodentraining bis OP
Konservative Therapie
- Beckenbodentraining: Studien belegen klare Effekte bei Frauen (Cochrane-Review) Dumoulin et al. 2018.
- Blasentraining: Regelmäßige Toilettenzeiten senken den Harndrang.
- Diätanpassung: Weniger Koffein, Alkohol und scharfe Speisen.
- Medikamente: Anticholinergika & Beta-3-Agonisten (z. B. Mirabegron) verbessern Dranginkontinenz.
- Pessartherapie: Stützt die Scheidenwand bei Stressinkontinenz.
Operative Verfahren
- TVT (Tension-Free Vaginal Tape): Standard bei Stressinkontinenz (doi.org/10.1016/) Novara et al. 2010.
- Prostataoperationen: Transurethrale Resektion (TUR-P) gegen Überlaufinkontinenz.
- Blasen-Schrittmacher & Schließmuskelimplantate: Für neurogene Inkontinenz.
Alltagshilfen & Kostenübernahme
- Einlagen & Pants: Hautfreundlich, diskret, für Männer und Frauen.
- Kondomurinale & Katheter: Bei stärkerer Schwäche.
- Erstattung: Gesetzliche Kassen zahlen ab mittelgradiger Inkontinenz (Rezept erforderlich).
Prävention: Stärken, bevor es passiert
- Früh üben: Beckenbodentraining schon in jungen Jahren integrieren.
- Toilettengewohnheiten: Nur bei Bedarf gehen, nicht vorsorglich.
- Gesundes Gewicht & Ernährung: Vermeidung von Verstopfung.
- Regelmäßige Bewegung: Fördert Muskulatur und Blasenkontrolle.
Psyche & Lebensqualität
Inkontinenz wirkt sich stark auf das Selbstwertgefühl aus: Scham, Ängste und Isolation sind häufig. Psychologische Begleitung oder Selbsthilfegruppen (z. B. NAKOS-Datenbank) bieten wertvolle Unterstützung.
Fazit: Inkontinenz ist behandelbar! Je früher Sie handeln, desto besser die Prognose – sprechen Sie offen mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
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