Für viele Menschen mit Epilepsie bedeutet der Alltag eine ständige Gratwanderung zwischen Hoffnung und Rückschlägen – insbesondere dann, wenn gängige medikamentöse Therapien nicht ausreichend wirken. Etwa ein Drittel der Betroffenen gilt als therapieresistent, was oft mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einhergeht. Eine kürzlich veröffentlichte Langzeitstudie1 gibt nun Anlass zur Zuversicht: Ein innovatives Neuroimplantat zur fokalen Kortexstimulation hat sich über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg als wirksam, sicher und gut verträglich erwiesen.
Das Implantat mit dem Namen EASEE®, entwickelt vom Heidelberger Medizintechnikunternehmen Precisis, wird minimalinvasiv unter der Schädeldecke platziert und stimuliert gezielt die betroffenen Hirnareale. Die Studie, geleitet von Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage vom Universitätsklinikum Freiburg, wurde an mehreren unabhängigen Epilepsiezentren in Deutschland und Belgien durchgeführt. Insgesamt nahmen 33 Erwachsene mit chronisch fokalen Epilepsien teil, die im Schnitt bereits fast acht gescheiterte medikamentöse Behandlungsversuche hinter sich hatten – viele von ihnen mit jahrzehntelanger Krankheitsgeschichte und hoher Anfallsfrequenz.
Die Ergebnisse der Beobachtung sind bemerkenswert: Bei 65,4 Prozent der Teilnehmenden konnte die Anfallshäufigkeit um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Noch eindrucksvoller: Über 30 Prozent der Patient:innen verzeichneten eine Reduktion der Anfälle um mehr als 90 Prozent. Diese Effekte traten nicht nur früh auf, sondern blieben über zwei Jahre stabil oder verstärkten sich sogar im weiteren Verlauf – ein Novum bei dieser Patientengruppe.
Ein weiteres zentrales Ergebnis ist die hohe Therapietreue: Über 80 Prozent der Teilnehmenden führten die Behandlung über die gesamte Studiendauer hinweg fort – trotz eines notwendigen Batteriewechsels im zweiten Jahr. Laut Studienleiter Prof. Schulze-Bonhage sei dies ein starker Hinweis darauf, dass die Patient:innen subjektiv von der Therapie profitierten. Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Vielmehr berichteten die Betroffenen von einer insgesamt verbesserten Stimmungslage, mehr Energie und einer geringeren Angst vor dem nächsten Anfall. Auch kognitive Fähigkeiten und Lebensqualität blieben stabil oder verbesserten sich leicht, wie begleitende Tests bestätigten.
Im Vergleich zu invasiveren Verfahren wie der tiefen Hirnstimulation oder der Vagusnervstimulation bietet die fokale Kortexstimulation mit EASEE® eine alltagstaugliche und weniger belastende Behandlungsalternative – insbesondere für Patient:innen, die bislang als „austherapiert“ galten.
Für das Entwicklerteam rund um Precisis-CEO Karl Stoklosa ist die Studie ein Meilenstein – aber auch ein klarer Auftrag: „Wir wollen, dass diese Therapie dort ankommt, wo sie dringend gebraucht wird. Für viele bedeutet sie nicht nur weniger Anfälle, sondern die Rückkehr in ein aktives, selbstbestimmtes Leben.“