Fahrrad fahren zählt zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, außerdem wird es als Gesundheit fördernder Sport gepriesen. Dass es für Männer auch gewisse unliebsame Nebenerscheinungen haben kann, das Fahrrad fahren, wurde schon immer kolportiert und an Stammtischen erörtert. Jetzt aber gibt es erstmals wissenschaftliche Studien – aus Italien, Österreich und den USA -, durch die sehr ernsthafte Gefahren belegt werden: Denn der Fahrradsattel gefährdet unter Umständen das Liebesleben.
Die Wissenschaftler schlagen regelrecht Alarm, wenn sie sagen, dass selbst so genannte „ergonomische Sättel“, die angeblich die männlichen Sexorgane schützen, keineswegs das halten, was sie versprechen. Dr. Steven Schrader, Experte für Reproduktive Medizin am US-Institut für Berufsgesundheit, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wir können nicht mehr länger fragen, ob der Fahrradsattel Erektionsprobleme hervorruft oder nicht – wir müssen vielmehr fragen: Was können wir tun?“
An den Studien waren auch Wissenschaftler der Universität Boston beteiligt. Ihre Schlussfolgerung, nachzulesen im „Journal of Sexual Medicine“: „Je häufiger jemand Fahrrad fährt, um so größer wird die Gefahr der Impotenz oder des Libidoverlustes.“ Dieser Ansicht schließt sich auch Dr. Schrader aus Boston an: „Wer mehrere Stunden pro Woche auf dem Fahrrad sitzt, sollte schon besorgt sein.“ Ein österreichisches Forscherteam hat sich
speziell mit Mountainbikes befasst: Hier droht, heißt es aus ihrer Feder, „ein auf den Sattel zurückzuführendes Trauma, das zu Kalkablagerungen im Hodensack führen kann.“
Alle Studien werden in drei Artikeln des „Journal of Sexual Medicine“ zusammengefasst – Fazit: Die herkömmlichen Fahrradsättel, die mit einer schmalen Sitzfläche und der nach vorn gezogenen, länglichen „Nase“, spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle in Sachen sexueller Impotenz. Gefährdet ist vor allem das Perineum, also die Weichteilbrücke zwischen After und äußeren Geschlechtsteilen. Dort verläuft der Alcocksche Kanal, über dessen Arterie und Nervenstränge der Penis mit Blut und Gefühl versorgt wird. Sitzt jemand hart auf einem schmalen Sattel, so erläutert der Bostoner Urologe Dr. Irwin Goldstein, werden Arterie und Nerven „zusammen gepresst, und im Laufe der Zeit führt die Verringerung des Blutflusses zu einer Erektionsproblematik“. Gegenwärtig, so schockt Dr. Goldstein auch, „gibt es nur zwei Sorten männlicher Fahrradfahrer – solche die impotent sind und solche, die es werden.“
Beim klassischen Sattel wird ein Drittel des Körpergewichts auf die Sattel-„Nase“ gelegt, ergaben Tests (ein Sattel war mit 900 Drucksensoren bestückt!), und „der Sauerstoff, der in den Penis gelangt, verringert sich binnen nur drei Minuten um 70 bis 80 Prozent“, so eine weitere Studie, „und nach einer halben Stunde ist der Fahrradfahrer rund um sein Geschlechtsteil geradezu taub“, ergänzt Dr. Joshua Cohen aus Chapel Hill.
Die Fahrradindustrie reagiert bereits auf diese wissenschaftlichen Erkenntnisse. „Wir kommen bald schon mit neuen Satteldesigns auf den Markt“, versprach ein italienischer Hersteller. Marc Sani von Amerikas Fahrradherstellerverband: „Der Käufer eines Fahrrads sollte aber auch etwas tun – sich bei einem guten Einzelhändler beraten und den Sattel geradezu anpassen lassen“.
Die Ratschläge der Mediziner, die an den neuesten Studien beteiligt waren: Am sichersten sind Sättel, die den Fahrer zwingen, das Gewicht nach hinten zu verlagern, so dass die Geschlechtsteile entlastet werden. Dr. Schrader aus Boston empfiehlt Sättel, die überhaupt keine „Nase“ haben.