„In Deutschland gibt es keine Aufforderung zur Vorsorge,” sagt Prof. Dr. med. Peter Hillemanns, Hannover. Das Dilemma: Nach der letzten Gesundheitsreform ist die Teilnehmerquote noch weiter gesunken. Auch deshalb erkranken in Deutschland jährlich knapp 6.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs; unter anderem ist er auch der häufigste Krebs in der Schwangerschaft. Rund 1.800 Frauen sterben jedes Jahr.
Dabei beklagt Dr. med. Gerd Böhmer, Bad Münder, dass es teils Frauen sind, die ihre Vorsorgen versäumen, aber auch Eifrige sind, die mit unklaren oder wechselnden PAP-Ergebnissen der vergangenen Jahre allein gelassen werden - und denen auch nie der zusätzliche HPV-Test von ihrem Arzt angeboten wurde.
Bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) spielen humane Papillomaviren (HPV) die entscheidende Rolle. Diese werden durch Geschlechtsverkehr übertragen. Häufig wechselnde Partner erhöhen das Risiko.
Geht eine Frau über 30 Jahre zu Ihrem Frauenarzt oder Ihrer Frauenärztin, kann der so genannte HPV-DNA-Test in Kombination mit dem routinemäßigen PAP-Abstrich eine um vielfach sichere Krebsvorsorge bieten. Dabei ist der Test derart einfach - nur ein Abstrich - dass er weder Arzt noch Patientin mehr Aufwand beschert. Er ist so leicht durchführbar, dass man sogar in Erwägung ziehen könnte, die Patientin den Test zuhause selbst machen zu lassen (solche Selbstentnahmepraxis hat sich zumindest schon unter Studienbedingungen bewährt), meinte Dr. Böhmer.
Die Krebsvorsorge ist deshalb von unschätzbarem Wert: Wenn die Patientin einen negativen HPV-Befund hat, und sich nach Verlassen der Praxis noch an dem gleichen Tag mit HPV infizieren sollte, hat sie 7 Jahre Zeit, in der sie keinen Krebs bekommen kann, erklärt Prof. Dr. med. Karl Ulrich Petry, Wolfsburg. Zeit, in der man aber etwas gegen den Krebs unternehmen kann. Die schlimmste Konsequenz einer unerkannten HPV-Infektion wäre eine Operation, die mehrere tausend EUR im Vergleich zum HPV-Test kostet, der derzeit als so genannte Igel-Leistung mit etwa 70 € zu Buche schlägt. Dieser Betrag sollte einer Frau jedoch ihre (sexuelle) Gesundheit wert sein. „Krebsangst verhindert Krebsvorsorge,” beklagt Dr. Böhmer die mangelnde Bereitschaft der Frauen, sich auf HPV untersuchen zu lassen. Dabei ist ausgerechnet dieser Krebs einer, der enorme Möglichkeiten der Behandlung bietet und gute Aussichten für die Patientin: aber er muss dazu erkannt werden!
Die Deutsche BKK, das Klinikum Wolfsburg und der Gesundheitsverbund Wolfsburg haben ein bundesweit einmaliges Projekt durchgeführt: Dort ließen sich mehr als 9.000 Frauen in Wolfsburg auf HPV testen. Die BKK zahlt den HPV-Test für Frauen ab 30 Jahre und getestet wird im Rahmen der jährlichen Krebsvorsorge.
Die Deutsche BKK ist die größte Betriebskrankenkasse Deutschlands mit über 1 Million Versicherten. Sie ist hervorgegangen aus den Betriebskrankenkassen der Unternehmen Volkswagen, Deutsche Post und Deutsche Telekom. Die Deutsche BKK ist bundesweit für jedermann geöffnet.
Erstes Resümee von Prof. Petry: Die Anzahl der Frauen, die einen positiven HPV-Test aufwiesen, liegt bisher bei unter fünf Prozent. Doch auch diese Frauen brauchen sich in der Regel nicht zu beunruhigen: Bei rechtzeitiger Diagnose früher Krankheitsstadien betragen die Heilungschancen bei Gebärmutterhalskrebs nahezu 100 Prozent.
Auffälligstes Ergebnis aus der Dysplasie-Sprechstunde, so Petry weiter - eher wichtig für die Forschung - sei jedoch eine beobachtete Zunahme von Adenokarzinomen, einer weiteren Krebsart.
Die Teilnehmer des Pressegesprächs beurteilen eine Impfung gegen HPV durchweg als positiv. Diese empfiehlt sich für Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, gilt dann derzeit als Igel-Leistung. Für Mädchen zwischen 11 und 18 Jahren wird sie als Kassenleistung übernommen (Empfehlungen der STIKO folgen).
Die Impfung schützt zwar vor den Virustypen 16 und 18, die rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verursachen, 30 Prozent werden jedoch von anderen Hochrisiko-Virustypen ausgelöst. Gegen diese Virustypen schützt die Impfung nicht.
„Je mehr Ärzte impfen, desto besser,” sagt Prof. Petry. Damit meint er Kinderärzte, Hausärzte und Gynäkologen.
Fragen kann man an die E-Mail-Adresse [email protected] senden oder auch per Telefon-Hotline werktags, jeweils von 16 bis 18 Uhr, stellen. Die Telefonnummer ist gebührenfrei und lautet 0800-880 20 82 55.