Sportler, die im Freien tätig sind - Jogger etwa -, gehen Risiken ein, die bisher kaum bekannt waren. Das betrifft vor allem Menschen, die in Städten Sport treiben. Fahrradfahrer, also auch die große Zahl der Kuriere, sind ebenfalls betroffen: Sie atmen winzigste Schadstoffpartikel ein, die keineswegs nur die Atemwege erkranken lassen, bis hin zu Lungenkrebs - nein: Diese Giftstoffe greifen auch das Herz an.
Das geht aus einer Reihe neuer internationaler Medizinstudien hervor. „Ein Athlet”, urteilt etwa Kenneth Rundell von der Marywood University im amerikanischen Scranton, „atmet bis zu zwanzig mal mehr Luft ein als ein nicht sporttreibender Mensch, also vergiftet sich der Sportler zwanzig mal mehr”. Professor Morton Lippmann von der New York University School of Medicine ergänzt: „Jene Menschen, die im Freien Sport treiben, sollten sich dieser absolut unsichtbaren Gefahren besser bewusst werden”.
Schadstoffe, die vor allem von Automobilen jeder Art ausgestoßen werden, verursachen nicht nur unmittelbar, sondern mitunter erst nach Jahrzehnten Erkrankungen. Das etwa zeigt eine Studie, die im „New England Journal of Medicine” veröffentlicht wurde. Frauen, die in Städten mit starkem Straßenverkehr leben, sind vom Herztod weit mehr gefährdet als etwa Frauen, die in ländlichen Gegenden wohnen.
Die unsichtbaren Giftteilchen, mit denen sich die neuesten Studien befassen, sind so winzig, dass sie nur mit Hilfe von Elektronenmikroskopen sichtbar gemacht werden können. Deshalb können sie auch die Nasenhärchen, die erste „Verteidigungslinie” der menschlichen Atemwege, passieren und in die Lungen gelangen. Oder sie überwinden noch andere „Abwehrstellungen” des Körpers und infiltrieren den Blutkreislauf. „Und gefährden somit das Herz”, stellt der Kardiologe David Newby von der University of Edinburgh lakonisch fest. Er hat das mit einem Test bewiesen, an dem 30 „absolut gesunde” Freiwillige teilnahmen:
Sie mussten in einem Raum, in den 30 Minuten lang der Schadstoffausstoß von Dieselmotoren geleitet wurde, ein stationäres Fahrrad fahren. Die Quantität der in das Zimmer geführten Schadstoffe entsprach der Menge, die stündlich in einer Großstadtstraße gemessen wird. Danach wurden die Blutgefäße der Testpersonen einer Art Stresstest unterzogen - mit dem Ergebnis: Die Blutgefäße hatten sich so verändert, dass die normale Versorgung der Muskeln mit Blut und Sauerstoff beeinträchtigt worden war. Außerdem hatte sich der Plasminogenfaktor verringert - das wiederum betrifft jenes Protein der Körpers, das Blutgerinnsel auflöst. „Das sind die idealen Voraussetzungen für einen Herzinfarkt”, konstatiert der britische Professsor Newby.
Bisher galt der Ozongehalt der Luft als die größte Gefahr für Atemwege und Kreislauf. „Diese Gefahr bleibt bestehen”, sagt die Umweltprofessorin Michelle Bell von der Yale-Universität, „denn langfristig führt Ozon zu einer frühzeitigen Alterung der Lungen”.
Nunmehr kommen die Mini-Partikel hinzu. „Wer nur wenig joggt, ist davon weniger betroffen, das aber über Monate und Jahre hinweg in den Großstädten zu tun, ist riskant, urteilt der amerikanische Professor Lippmann”. Trotzdem ist er auch der Meinung, dass Sport wichtig und erforderlich ist, auch in den umweltbelasteten Großstädten. Sein Rat:
Wenigstens ein paar hundert Meter Abstand von den am meisten befahrenen Straßen zu halten.