Was haben eine topfförmige japanische Tintenfischfalle und ein Syndrom mit herzinfarktähnlichen Beschwerden gemeinsam? Den Namen “Tako-Tsubo”. Die auch als ” Broken-Heart-Syndrom” oder Stresskardiomyopathie bekannte Erkrankung ist eine seltene, akut einsetzende und oft schwerwiegende Funktionsstörung der linken Herzkammer. Typisch ist eine Ausbuchtung der Herzspitze, die optisch an die Form des Oktopus-Fängers erinnert.
Das Tako-Tsubo-Syndrom wurde erstmals 1990 in Japan beobachtet, in Deutschland ist es seit 2007 bekannt. 95 Prozent der Patienten sind älter als 50 Jahre, betroffen sind hauptsächlich Frauen nach den Wechseljahren. Man nimmt deshalb an, dass genetische Faktoren und eventuell auch Östrogenmangel die Erkrankung begünstigen.
Auslöser für das Tako-Tsubo-Syndrom sind extreme Schock- oder Stresserlebnisse. Durch den rapiden Anstieg von Stresshormonen verkrampfen sich dabei die Herzkranzgefäße, sodass der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden kann. Obwohl die Symptome denen eines Herzinfarktes ähneln, sind die Herzkranzgefäße in aller Regel intakt. Beobachtungen zufolge liegt das Syndrom jedoch auch bei 2 bis 3 Prozent aller Infarktpatienten vor sowie bei rund 8 Prozent der Patienten mit allgemeinen akuten Herzerkrankungen. Es wird ferner von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Meist bilden sich die Veränderungen am Herzmuskel innerhalb von einigen Wochen wieder vollständig zurück. In etwa 3 Prozent der Fälle kommt es in der Akutphase zu Todesfällen durch kardiogenen Schock oder Kammerflimmern.
Über die Entstehung des “gebrochenen Herzens” und die Entwicklung der Patienten nach der Akutphase ist bislang nur wenig bekannt. Aus diesem Grund hat der BNK jetzt ein Register zur Langzeitbeobachtung von betroffenen Patienten gestartet. Es basiert auf einem Fragebogen, in dem folgende Daten dokumentiert werden: auslösende Stressfaktoren, auftretende Akutkomplikationen, Akut- und Langzeittherapie sowie Krebserkrankungen im Verlauf: “Bislang existieren lediglich Einzelfallbeschreibungen von Patienten mit Tako-Tsubo-Syndrom aber keine Daten zum Langzeitverlauf oder wissenschaftliche Studien. Es gibt auch keine Standardtherapie, die durch Studiendaten abgesichert ist. Mit unserem Register wollen wir dazu beitragen, diese Lücke zu schließen”, sagt die Erfurter Kardiologin Jana Boer, die den Fragebogen entwickelt hat. Boer ist Mitglied der BNK-Arbeitsgruppe Gendermedizin, die sich der Erforschung von geschlechtsspezifischen Besonderheiten bei kardiologischen Erkrankungen und deren Risikofaktoren widmet.