Im Dezember ging die Meldung durch die Presse, die „Freie Ärzteschaft” habe Ulla Schmidt und Herrn Lauterbach wegen Verleumdung verklagt. Anlaß war eine Äußerung seitens der Genannten, Ärzte würden Patienten in „Geiselhaft” nehmen. Man ließe sich nicht mit Schwerkriminellen auf eine Stufe stellen… Streitgegenstand waren wohl die von der Freien Ärzteschaft organisierten Demonstrationen in deutschen Städten.
Es liegt uns fern, Ärzten irgend etwas zu unterstellen, dennoch können wir nicht darüber hinwegsehen, dass doch einiges im Argen liegt - bei Ärzten in Praxen und Kliniken. Beklagt man einerseits zu viel Arbeit und Verantwortung bei zu wenig Entlohnung, so muss man gerechterweise auch die andere Seite betrachten - die vom Patienten nämlich. Und da gäbe es noch viel zu tun. Vor allem die Erkenntnis, dass Patienten Kunden sind, dass man als Praxismitglied eine Dienstleistung und nicht einen Gnadenakt erbringt, ist nicht wenigen völlig unbekannt. Auch wenn der abgedroschene Vergleich von den Göttern in Weiß sich relativiert hat, er gilt leider vielfach noch immer. Vom Patienten erwartet man nicht nur unaufgefordert die Chipkarte, sondern auch Respekt bis hin zum Devotismus, teilweise grenzenlose Geduld, und möglichst keine eigene Meinung, die hat man schließlich selbst - und falls nicht, hat sie zumindest das angestellte Personal.
Mitdenkende Patienten will man am allerliebsten gar nicht, sie kosten unnötig Zeit und bereiten nicht selten auch noch Scherereien. Zeichnet sich diesbezüglich bei den niedergelassenen Ärzten - dank zahlreicher angebotener Seminare - ein schmaler Lichtblick ab, so bewegt man sich, das Klinikpersonal betreffend, hier noch in tiefster Finsternis. Die armen Patienten sind ja darauf angewiesen und nur ganz selten können sie die Flucht ergreifen. Warum sollte man sie also auch noch gut behandeln?
Sie fragen sich, warum gerade wir uns dieses Themas annehmen? Viele Patienten, suchen heute über das Internet einen Weg zur Kommunikation, versuchen Hilfe bei für sie wichtigen Fragen zu erhalten. Je verbreiteter das Netz genutzt wird, desto öfter erreichen uns immer wieder Briefe von Lesern, die sich bitterlich über die Behandlung in Arztpraxen, Notambulanzen oder Kliniken beklagen und Rat und Hilfe suchen.
Eine Einschätzung des Wahrheitsgehaltes der abgegebenen Schilderungen ist für die Redaktion schwer, ganz oft spielen persönliche Gefühle und Emotionen eine große Rolle. Und ganz ehrlich - sind nicht auch wir manchmal ungehalten? Man ist halt nicht jeden Tag „gut drauf” und in überfüllten Praxen mit quengelnden Patienten kann die Freundlichkeit durchaus mal auf der Strecke bleiben. Dafür hat, wenn man seinem Frust Zeit gibt, sich einen Tag zu setzen, eigentlich fast jeder Verständnis.
Kein Verständnis haben wir jedoch dafür, wenn Kranke in die Ecke „billiger Kassenpatient” gesteckt werden und ihnen eine bestmögliche Behandlung versagt bleibt. Beispiele dafür könnten wir seitenweise aufführen, sei es die unqualifizierte Behandlung bei einem Facharzt durch einen Assistenten, sei es die Tatsache, dass Terminkoordiniation für die meisten Sprechstundenhilfen noch immer ein Fremdwort ist, sei es aber auch das rasch offen gezeigte Desinteresse am Patienten wenn dieser einer teuren Zusatzbehandlung nicht zustimmt. Aber auch von Mobbing in übernommenen Praxen durch mitgebrachtes Personal an übernommenen Kollegen wurde uns schon berichtet. Von den teilweise erschreckenden Zuständen in Kliniken und Notambulanzen sei hier gar nicht erst die Rede…sie würde ganze Bücher füllen!
All diese Fakten tragen nicht gerade dazu bei, das Ansehen der deutschen Ärzteschaft in der Bevölkerung zu verbessern. Und so braucht sich niemand von den Ärzten zu wundern, wenn Patienten immer häufiger zur Selbsthilfe greifen, sich Ratschläge aus dem Internet holen oder - schlimmstenfalls - beim Wunderheiler landen, statt den Weg zum Doktor zu suchen. Irgend wann landen sie ja doch meist wieder im Wartezimmer - und dann - siehe oben!
Wir fragen einfach: Muss es so sein und wenn ja, warum kann man es nicht ändern? Mit ein bisschen Einsicht wäre doch schon der erste Schritt getan!
Wer uns zu diesem Thema schreiben möchte, kann dies unter dem Stichwort: Patientengeschichten gerne tun. Wir freuen uns auf viele Zuschriften.