Omega3-Fettsäuren können vor zu hohem Cholesteringehalt im Blut schützen. Nach einem Herzinfarkt sind sie ebenfalls nützlich, verhindern sie doch in sehr vielen Fällen, dass es bei dem Patienten zu möglicherweise tödlich verlaufenden Herzrhythmusstörungen kommt. Es gibt aber, die Omega-Stoffe betreffend, eine viel weitergehenden Theorie: Diese Fettsäuren, in natürlicher Form vor allem im Fisch vorkommend, sollen in der Lage sein, die Gewalttätigkeit von Menschen einzudämmen. Weshalb die angesehene „New York Times“ die boulevardträchtige Überschrift präsentierte: „Führt Lachsessen zur Senkung der Mordrate“?
Stephen Mihm von der „New York Times“ führt dazu aus: „Die meisten Gefängnisse sind der Qualität ihrer Küchen wegen berüchtigt (ziemlich mies) und des Verhaltens ihrer Insassen wegen bekannt (recht gewalttätig). Gefängnisse sind aus diesen Gründen großartige Lokalitäten, um eine neue Hypothese zu testen: Danach sind Aggressionen im Großen und Ganzen auf schlechte Ernährung zurück zu führen. Deshalb befassen sich Wissenschaftler jetzt mit der Frage, ob Gefangene dann weniger gewalttätig werden, wenn sie sich auf Lebensmittel konzentrieren, die viel Vitamine und mehr noch Fettsäuren enthalten, wie sie etwa im Fisch enthalten sind“.
Sehr provokativ hatte dazu schon vor einiger Zeit der amerikanische Mediziner Dr. Joseph Hibbeln mit seinem Buch „Seafood Consumption and Homicide Mortality“ Stellung bezogen („Fischverbrauch und Mordrate“). Wer viel Fisch isst, so seine Erkenntnis, wer also viel Omega3 Fettsäuren zu sich nimmt – dazu auch Vitamine -, verliert einiges seiner Gewalttätigkeit.
Dieser These war jetzt Bernard Gesch nachgegangen, ein Wissenschaftler der Oxford University. Er konnte tatsächlich beweisen, dass „bessere Ernährung“, wie er es formulierte, „Gewalttätigkeit reduziert“. Gesch hatte für seinen Beweis 231 Gefangene eines britischen Zuchthauses rekrutiert. Die Hälfte dieser Freiwilligen wurden über einen längeren Zeitraum mit vitaminhaltigen Lebensmitteln, vor allem aber mit Fisch – der eben die Omega3-Fettsäuren in natürlicher Form enthält – ernährt. Die anderen Häftlinge erhielten die anstaltsübliche Nahrung. Die Ergebnisse waren eindeutig:
Bei den Omega-Konsumenten – den Fischessern! – nahm die Gewalttätigkeit um mehr als ein Drittel ab, während es bei der Kontrollgruppe in dieser Hinsicht absolut keine Veränderungen gab.
Gesch war von dieser Studie so begeistert, dass er weitere, sogar in größerem Rahmen, in Auftrag gab. Sie werden derzeit in Holland und in Norwegen ausgeführt.
Die entsprechenden Thesen werden zudem durch eine finnische Studie belegt. Dort zeigte es sich, dass Insassen von Zuchthäusern, die wegen Gewalttätigkeiten verurteilt worden waren, einen geringeren Omega3-Fettsäuregehalt im Blut hatten als allgemein üblich. Übrigens sind gewalttätige Kriminelle nicht die einzigen, die von den Fettsäuren profitieren können: Wenn Drogensüchtigen größere Omega3-Mengen verabfolgt wurden, ließ ihre Abhängigkeit oder Sucht beträchtlich nach – bis zu 50 Prozent.
Apotheken übrigens können ein Lied davon singen: Den Omega3-Medikamenten werden wahre Wunder nachgesagt. „Das sind aber keineswegs Allheilmittel“, sagt der Oxford-Wissenschaftler Dr. Gesch. Er warnt auch davor, „in Omega3 allein die Reduzierung von Gewalt zu suchen – soziale und physische Faktoren gehören dazu, spielen ebenfalls eine Rolle.“