Bei akutem Myokardinfarkt kann die interventionelle RevaskularisierungLeben retten: Die Infarktarterie wird wieder eröffnet und das Gefäß mit einem Stent stabilisiert. Bei dieser Indikation ist diese Therapie erste Wahl. Bei stabiler KHK scheint die interventionelle Kardiologie dagegen das Rennen gegen Medikamente wie Betablocker und Nitrate zu verlieren.
Schon im Jahr 2012 kamen Dr. Kathleen Stergiopoulos und Dr. David Brown in ihrer Metaanalyse von acht randomisierten Studien zu dem Ergebnis, dass eine Koronarintervention keinen zusätzlichen Nutzen zu einer optimalen medikamentösen Therapie bietet1 . Dieses Ergebnis bestätigte sich in der aktuellen Arbeit, bei der Patienten mit einer dokumentierten Myokardischämie nach beobachtet worden waren2 . Ergebnis: In einem Zeitraum von fünf Jahren wurde durch zusätzliche PCI im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Therapie weder die Mortalitätsrate (6,5 versus 7,3 Prozent) noch die Rate nicht-tödlicher Herzinfarkte (9,2 versus 7,6 Prozent) signifikant gesenkt. Auch bei den Endpunkten ungeplante Revaskularisierung (18,3 versus 28,4 Prozent) und Angina pectoris (20,3 versus 23,3 Prozent) konnte kein statistisch signifikanter Unterschied gefunden werden.
Unter den medikamentösen Optionen ist sublinguales Nitroglycerin (Nitrolingual akut®Spray) der Goldstandard zur symptomatischen Therapie der koronaren Herzkrankheit. Aus Nitraten wie Glyceroltrinitrat wird im Endothel Stickstoffmonoxid (NO) gebildet. Über eine NO-vermittelte Vasodilatation von Koronararterien verbessern sie das Sauerstoffangebot des Herzens und senken den myokardialen Sauerstoffverbrauch. Nitrate erhöhen die Ischämie- und die schmerzfreie Belastbarkeit und reduzieren die Anzahl der Angina pectoris-Episoden, wie klinische Studien zeigen. Insbesondere der prophylaktische Einsatz des Nitroglycerins vor Belastung erwies sich als wirkungsvoll.
In einer kürzlich publizierten Arbeit wurden 51 Patienten mit KHK und oftmals vorangegangenem Myokardinfarkt sowie stabiler Angina pectoris in eine rando-misierte, doppelt verblindete, Placebo-kontrollierte Studie im Crossover-Design eingeschlossen. Die Patienten wurden in jeweils eine von fünf Interventionsgruppen randomisiert: Sie erhielten 0,2 mg, 0,4 mg, 0,8 mg oder 1,6 mg Nitrolingual®- oder ein Placebo-Spray. Jeder Teilnehmer wurde im Verlauf mehrerer Wochen mit allen Dosierungen oder Placebo, verabreicht wenige Minuten vor dem Belastungstest, behandelt3.
Im Vergleich zu Placebo war die Zeit, bis moderate pektanginöse Beschwerden auftraten, in allen Nitroglycerin-Gruppen signifikant verlängert. Dabei ergab sich eine lineare Dosisabhängigkeit des Effekts zwischen 0,4 und 1,6 mg Nitrolingual® mit der stärksten Wirkung unter 1,6 mg. Ähnlich sah es bei der Beobachtung der EKG-Veränderungen unter körperlicher Belastung aus: Die klinisch relevante ST-Strecken-Senkung von mindestens 1 mm trat bei allen Nitroglycerin-Dosierungen später auf als unter Placebo, mit der stärksten Vergrößerung des Zeitintervalls (ca. 1,6 min) unter der höchsten Nitrolingual®-Dosis. Diese Resultate bestätigen, dass sublingual verabreichtes Nitroglycerin-Spray rasch und effektiv die Belastungstoleranz von KHK-Patienten signifikant verbessern kann.
Sterigiopoulos K , Brown DL (2012) Initial coronary stent implantation with medical therapy vs. medical therapy alone for stable coronary artery disease: meta-analysis of randomized controlled trials. Arch Intern Med 72(4):312-9.doi:10.1001/archinternmed.2011.1484 ↩
Sterigiopoulos K, Boden WE, Hartigan P, Möbius-Winkler S, Hambrecht R, Hueb W, Hardison RM, Abbott JD, Brown DL (2013). Percutaneous Coronary Intervention Outcomes in Patients With Stable Obstructive Coronary Artery Disease and Myocardial Ischemia: A Collaborative Meta-analysis of Contemporary Randomeized Clinical Trial. JAMA Intern Med 2013; DOI:10.1001/jamainternmed.2013.12855 ↩
Thadani U, Wittig T (2012) A randomised, double blind, placebo-controlled, crossover, dose-ranging multicenter study to determine the effect of sublingual nitroglycerin spray on exercise capacity in patients with chronic stable angina. Clin Med Insights Cardiol. 6: 87-95. ↩