Der Kurzbegriff VTE steht für die „venöse Thrombose Embolie”, klingt eigentlich harmlos und kann doch schreckliche Folgen haben. Denn sie umfassen tiefe Venenthrombosen, also Blutgerinnsel in einer tiefen Vene, normalerweise im Bein, ebenso wie Lungenembolien, das sind Gerinnsel in der Lunge. Bei beiden hat man es ernsten, potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen zu tun. Thrombosen können sich nämlich ohne weitere Vorwarnung von dem Ort lösen, an dem sie sich gebildet haben. Mit dem Blutstrom werden sie dann durch den Körper transportiert und können nun die Blutversorgung lebenswichtiger Organe blockieren.
Rund 1,5 Millionen Menschen erhalten in USA und Europa jährlich mit Hilfe größerer orthopädischer Eingriffe ein neues Hüft- oder Kniegelenk , und haben dadurch haben ein sehr hohes VTE-Risiko. Denn während der langwierigen Implantation einer Knie- oder Hüftgelenksprothese kann es zu Verletzungen der großen Beinvenen und dadurch zu einem Blutstau in den Beinvenen, die das Blut zum Herzen zurücktransportieren, kommen. Erhalten die betroffenen Patienten keine adäquate medikamentöse VTE-Prophylaxe, kann sich nach einer größeren orthopädischen Operation der unteren Extremitäten bei 40 bis 60 Prozent der Betroffenen ein Blutgerinnsel in den Beinvenen bilden.
Doch die Gefahr einer Thrombose besteht nicht nur bei orthopädischen Eingriffen. Weltweit sind heute arterielle und venöse Thrombosen eine der häufigsten Krankheits- und Todesursachen. Wobei Patienten mit Vorhofflimmern, nach einem akuten Herzinfarkt , sowie ans Bett gebundene, stationär behandelte Patienten mit einer akuten internistischen Erkrankung als besonders gefährdet gelten.
2009 wurde der bei der Bayer Schering Pharma AG identifizierte Wirkstoff Rivaroxaban mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet. Ziel des Bayer-Forschungsteams war es daher, eine wirkungsvolle und unkomplizierte Therapie zu entwickeln, welches die Aktivität des für die Thrombosenbildung maßgeblich verantwortlichen Faktor-Xa-Enzyms verringert. Bislang behandelt man diese potenziell gefährliche Erkrankung mit Medikamenten, die entweder gespritzt oder sehr genau dosiert und regelmäßig kontrolliert werden müssen. Der neu gefundene Wirkstoff Rivaroxaban greift selektiv und gezielt an zentraler Stelle in die biochemischen Abläufe während der Blutgerinnung ein, verhindert diese allerdings nicht völlig, sodass der Körper weiterhin Blutungen - etwa nach einer Verletzung oder einer Operation - stoppen kann.
Nach der Wirkstoff-Findung war die Entwicklung einer unkomplizierten und für den Patienten angenehmen Darreichungsform das Ziel. Am Ende stand ein neuartiges Medikament, das in klinischen Studien nicht nur eine höhere Wirksamkeit gezeigt hatte als die bisherige Standardtherapie zur Vermeidung von Venenthrombosen, sondern auch als Tablette eingenommen werden kann.
Der Wirkstoff /Rivaroxaban wurde nach einer vergleichsweise kurzen Entwicklungszeit von acht Jahren in insgesamt mehr als 80 Ländern zur Vorbeugung venöser Thromboembolien bei erwachsenen Patienten nach Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen zugelassen.
Rivaroxaban ersetzt heute teilweise bereits das bislang vielfach verwendete niedermolekulare Heparin , da nicht nur vor allem die zeitaufwendigen Spritzenapplikationen (plus Vorbereitungen dazu) wegfallen, sondern auch die Compliance der Patienten kein Problem darstellt. Patienten, die man heute vor die Wahl stellt, als Thromboseprophylaxe eine Spritze oder aber eine Tablette zu bekommen, entscheiden sich zu 70% für die Tablette. Aus dem Klinikum Frankfurt Hoechst wird auch berichtet, dass es keinerlei Dosieranpassung für ältere, schlanke Patienten mit leichter bis mittelschwerer Niereninsuffizienz gibt. Ebenso wurde keine Beeinflussung durch Nahrungsmittel beobachtet.