Lassen sich chronische Knieschmerzen durch Ohrstimulation behandeln?
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Ohr-Stimulation über den Vagusnerv - ©MD AI
Ohrstimulation gegen chronische Knieschmerzen - ein vielversprechender neuer Ansatz
Die Ohr-Stimulation über den Vagusnerv stellt eine innovative Möglichkeit zur Schmerzbehandlung bei chronischen Knieschmerzen dar – insbesondere wenn diese zentral verarbeitet und nicht (mehr nur) durch Gewebeschäden verursacht werden. Sie ersetzt jedoch keine strukturelle Therapie bei schwerer Arthrose, bietet aber eine ergänzende oder alternative Option, wenn klassische Verfahren an ihre Grenzen stoßen.
Betroffene Patienten sollten sich mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über individuelle Möglichkeiten zu dieser Therapie unterhalten und sich darauf spezialisierten Einrichtungen oder Studienzentren nennen lassen.
Neue Studie zeigt Einfluss auf den Vagusnerv und zentrale Schmerzverarbeitung
Knieschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerden im Erwachsenenalter. Sie können den Alltag erheblich beeinträchtigen, besonders bei Arthrose, aber auch bei Überlastung oder Verletzungen. Kosaku Aoyagi, Assistenzprofessor für Physiotherapie und Bewegungswissenschaften, und sein Team an der University of Texas in El Paso erforschen eine alternative Methode zur Linderung von Knieschmerzen. In Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School und der Boston University hat das Team eine Pilotstudie über eine innovative Methode zur Behandlung von arthrosebedingten Knieschmerzen durch Stimulation des Vagusnervs über das Ohr durchgeführt. Ziel ist es die Schmerzverarbeitung im Gehirn zu modulieren – und das ohne direkte Behandlung des Kniegelenks.
Schmerz ist mehr als Gewebeschaden
Die traditionellen Methoden bei Knieschmerzen zielen auf den lokalen Schaden im Gelenk. Behandelt werden sie meist mit entzündungshemmenden Medikamenten, Physiotherapie oder – bei fortgeschrittener Arthrose – auch mit operativen Eingriffen.
Neuere Schmerzforschungen zeigen jedoch:
- Schmerzen entstehen nicht nur durch Gewebeschäden, sondern werden stark durch das zentrale Nervensystem beeinflusst.
- Chronische Schmerzen können sich sogar verselbstständigen, wenn das Gehirn überempfindlich auf Reize reagiert („zentralisierte Schmerzen“).
Der Vagusnerv als therapeutisches Ziel
Der Vagusnerv ist der längste Hirnnerv und spielt eine Schlüsselrolle im autonomen Nervensystem. Er beeinflusst Herzschlag, Verdauung, Entzündungsreaktionen – und auch die Schmerzverarbeitung im Gehirn.
Bestimmte Bereiche des Ohrs (z. B. die Concha und der äußere Gehörgang) sind über kleine Nervenäste mit dem Vagusnerv verbunden. Genau hier setzt die sogenannte transkutane Vagusnervstimulation (tVNS) an:
- Über elektrische Impulse am Ohr wird der Vagusnerv nicht-invasiv stimuliert.
- Dies soll entzündungshemmende und schmerzlindernde Prozesse im Gehirn aktivieren.
Neue Studie: Ohr-Stimulation lindert Knieschmerzen
Eine 2024 veröffentlichte randomisierte Studie untersuchte Patient:innen mit chronischen Kniearthroseschmerzen. Die Teilnehmenden erhielten:
- entweder aktive tVNS (elektrische Impulse an vagusnahen Ohrregionen)
- oder Schein-Stimulation (Placebo)
Ergebnisse nach mehreren Wochen:
- Deutliche Reduktion der subjektiven Schmerzintensität
- Verbesserung der Beweglichkeit und Lebensqualität
- Geringere Aktivität schmerzverarbeitender Hirnareale (z. B. anteriorer cingulärer Kortex, Insula – belegt durch fMRT)
- Kein Einfluss auf Knorpelschaden – der Schmerz wurde zentral gelindert
Vorteile des Verfahrens
- Nicht-invasiv: keine Operation, keine Medikamente
- Nebenwirkungsarm: gelegentlich Kribbeln, Rötung an der Ohrmuschel
- Kombinierbar mit anderen Therapien
- Wirkt auch bei chronifiziertem Schmerz, wenn klassische Methoden wenig helfen
Grenzen und offene Fragen
- Noch keine Langzeitdaten zur Wirkung
- Nicht für akute Verletzungen oder starke Entzündungen geeignet
- Die Methode wirkt auf das Zentralnervensystem, nicht auf Gelenkmechanik
- Individuelle Ansprechbarkeit kann variieren
Schlagwörter
Knieschmerzen
Nervenzellen
Arthrose