Der Münchner Dermatologe Dr. Christoph Liebich besuchte für uns den interessanten Derma-Update-Kongress in Mainz und brachte eine Fülle neuer Erkenntnisse mit, die wir unseren Lesern gerne vorstellen.
Beginnen möchten wir dieses Mal mit dem Themengebiet der atopischen Erkrankungen. Hier ist wie immer das Thema Prävention ein wichtiges Thema. Vor allem in Familien mit Atopikern. Laut der neuen Leitlinie gibt es hier die Empfehlung zu Beginn des Lebens auf Milch zu verzichten. So sollte die Zufütterung von kuhmilchbasierter Nahrung in den ersten Lebenstagen beim Stillwunsch der Mutter vermieden werden. Es gibt eine Empfehlung zum ausschließlichen Stillen für 4-6 Monate nach der Geburt und dann zum Weiterstillen mit Einführung von Beikost. Bei der Beikost ist lediglich zu berücksichtigen, dass man keinen rohes Hühnerei (auch kein Rührei) geben sollte, sonst sollte man auf keine Lebensmittel verzichten und auch die regelmäßige Gabe von erdnusshaltigen Nahrungsmitteln ist sinnvoll - außer es besteht eine klinisch relevante Erdnuss Allergie. Zudem gibt es eine Empfehlung keine Neuanschaffung von Katzen in einem Haushalt mit Atopikern zu planen, bestehende Katzen können aber verbleiben. Hunde jedoch können auch neu angeschafft werden. Auch sollte man bei Neurodermitis Patienten die eine Hausstaubmilbenallergie nachgewiesen haben, eine unbedingte Empfehlung zu einer Hyposensibilisierung aussprechen, da in 40 % der Fälle auch die atopische Dermatitis durch eine solche Therapie besser wird. Auch gibt es Studien die belegen, dass tägliches Baden oder Duschen bei Patienten mit atopischer Dermatitis die Erkrankung nicht verschlechtert. Wichtig ist aber vor allem das konsequente Rückfetten danach.
Neue topische Präparate zur Behandlung der atopischen Dermatitis sind vor allem in Amerika in der Zulassung, beziehungsweise bereits zugelassen. Allerdings sind diese mit Preisen von circa 1500 € für eine Tube sehr teuer, daher werden diese in Europa eher nicht verfügbar sein.
Bei den systemischen Therapien gibt es zum Glück auch von Jahr zu Jahr mehr Therapieoptionen. So ist nun auch Dupilumab schon ab dem sechsten Lebensjahr zugelassen sowie die Wirkstoffe Tralokinumab und Upadacitinib ab dem zwölften Lebensjahr. Baricitinib und Abrocitinib können ab dem 18. Lebensjahr verschrieben werden. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Einsatz von JAK-Inhibitoren bei einigen Patienten nur dann erfolgen sollte, wenn keine geeigneten Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen. Die sind Patienten die älter als 65 Jahre sind, ein erhöhtes Risiko für schwere Herzkreislauferkrankungen haben sowie Patienten die rauchen oder in der Vergangenheit lange geraucht haben. Auch Patienten mit einem erhöhten Krebsrisiko fallen in diese Gruppe. Mit Vorsicht sollten vor allem Patienten behandelt werden, die Risikofaktoren für Blutgerinnsel in der Lunge und in tiefen Venen haben.
Baricitinib hat nun darüber hinaus auch eine Zulassung bei Alopecia areata - das Problem ist jedoch, dass keine Kostenübernahme der Krankenkassen automatisch erfolgt. Und da diese Therapie mit Kosten zwischen 15.000 - 20.000 € pro Jahr zu Buche schlägt und auch dauerhaft erfolgen müsste um einen Effekt zu erzielen, ist es zumindest aktuell schwer umsetzbar. Es kommt nämlich häufig circa nach ein bis zwei Monaten nach Absetzen der Therapie wieder zu einem Rezidiv und auch der Wiederbeginn zeigt im nächsten Zyklus eine geringere Effektivität als initial. Das Erstattungsproblem wird sich sicherlich erst ändern, wenn die Hersteller mit den Preisen deutlich runtergehen.
Dupilumab wurde in einer Studie auch schon Kindern ab dem sechsten Lebensmonat verschrieben, hierbei wurden auch keine anderen Nebenwirkungen als bei älteren Patienten beobachtet, nur die bekannte Konjunktivitis trat in circa 5 % der Fälle auf. Interessanterweise hat man auch gesehen, dass Patienten unter einer Dupilumab Therapie einen besseren Schutz vor einem schweren COVID-19 Verlauf haben.
Von der Wirksamkeit unterscheiden sich die JAK-Inhibitoren langfristig kaum von den Interleukinen, allerdings wirken die Ersteren etwas schneller und sie sind bei einer begleitenden Alopecia areata oder eine Vitiligo sinnvoller, da diese Krankheiten unter der Therapie häufig auch besser werden. Auch wenn zusätzlich noch eine chronisch entzündliche Darmerkrankung oder eine rheumatologische Grunderkrankung besteht, wären diese Präparate zu bevorzugen.
Im Bereich der Psoriasis wurde noch mal auf die hohe Komorbidität der Depression hingewiesen. 20 % der Psoriasis Patienten leiden unter einer Depression welche behandelt wird, sei es psychotherapeutisch und/oder medikamentös. Daher ist die Depression nicht als Folge der Psoriasis zu sehen, sondern als eine Art der Entzündungskrankheit und als echte Komorbidität. So hat man gesehen, dass Therapien mit Interleukinen sich direkt positiv auf eine Depression auswirken. Risikofaktor Nummer eins für den Verlauf einer Psoriasis bleibt aber weiterhin die Adipositas. Studien haben nun auch gezeigt, dass Nikotinabusus deutlich schlechter für den Verlauf der Krankheit ist als Alkoholkonsum. Hier sollte man also sowohl den Patienten die übergewichtig sind und rauchen, empfehlen zum einen abzunehmen und zum anderen mit dem Rauchen aufzuhören.
Auch plädieren die Referenten zu einem Umdenken im Bereich der Evaluation der Lebensqualität. Hier wird empfohlen den international auch häufig schon verwendeten WHO-5 Fragebogen als Alternative zum DLQI zu verwenden, da dieser sich mehr mit dem Wohlbefinden befasst und die Fragen eher positiv gestellt werden, was von den meisten Patienten als angenehmer empfunden wird.
Im Bereich der oralen Psoriasis Medikamente wird voraussichtlich ab Anfang/Mitte nächsten Jahres ein neues Präparat auch bei uns verfügbar sein: Deucravacitinib. Dieses Medikament ist ein TYK2 Hemmer und wird einmal täglich eingenommen als Tablette, das ist vor allem interessant für Patienten die keine Therapie mittels einer Spritze haben möchten. Die Daten scheinen darauf hin zu deuten, dass es beinahe doppelt so gut wirksam ist wie Apremilast, und einen PASI 75 von 69 % in Woche 24 erreichen kann. Da dieser Wirkstoff auch zu der Gruppe der JAK Inhibitoren gehört, können hier typische Nebenwirkungen wie eine Akne und eine Follikulitis sowie Infekte der oberen Atemwege auftreten. Im Verlauf wird auch eine Zulassung für die Psoriasis Arthritis erwartet.
Bei der Psoriasis Arthritis wird zwischenzeitlich Methotrexat nicht mehr generell als Firstline Medikament empfohlen. Zwischenzeitlich ist Adalimumab das „neue MTX”, also der neue Standard. Wichtig sei es auch die Psoriasis Arthritis frühzeitig zu behandeln, bevor irreversible Schäden eingetreten sind. Dies kann man auch gut durch ein MRT feststellen, beziehungsweise auch bereits eine Enthesitis beim Druck auf die Achillessehne diagnostizieren.
Die Zeit wie lange eine Psoriasis beschwerdefrei bleibt, nachdem man ein Medikament abgesetzt hat, schwankt sehr - abhängig von dem verordneten Präparat. So kommt es bei den Interleukinen (v.a. den 23ern) oft erst nach 6-9 Monaten zu einer erneuten Verschlechterung der Erkrankung, bei oralen Medikamenten wie Apremilast oder auch MTX allerdings schon nach 3-4 Wochen.
Im Bereich der topischen Therapie der Psoriasis gibt es die altbewährte Kombination aus Calcipotriol und Betamethason nun auch in einer leichtereren und weniger fettigeren Applikationsform auf dem Boden einer PAD Technologie. Diese soll für die Patienten vor allem auch in behaarten Arealen angenehmer aufzutragen sein.
Auch das Krankheitsbild der Vaskulitis wurde besprochen. Hier ist vor allem die ANCA assoziierte Vaskulopathie beziehungsweise Vaskulitis zu nennen. Diese kann häufig auch bei Patienten ausgelöst werden die Kokain konsumieren. Wobei hier die Reaktion nicht auf das reine Kokain zurückzuführen ist, sondern auf einen Stoff mit welchem das Kokain in 80 % der Fälle gestreckt wird. Dies ist Levamisol. Da sich der Kokainkonsum in den letzten acht Jahren verzehnfacht hat und in England bis zu 10 % der Bevölkerung regelmäßig Kokain konsumieren, hat sich auch diese ausgeprägte und zum Teil tödliche Reaktion bei diesen Konsumenten deutlich ausgebreitet. Hierbei kommt es zu Nekrosen und Purpura die auch theoretisch fulminant und letal verlaufen kann.
Eine auch gar nicht so seltene Erkrankung der Gefäße, vor allem bei älteren Patienten, ist die so genannte Riesenzellarteriitis. Diese tritt in 40-100 Fällen pro 100.000 Einwohnern auf. Hierbei kommt es zu plötzlich einsetzenden sehr starken Kopfschmerzen sowie Schwellungen und Schmerzen der Arteria temporalis und Schmerzen beim Kauen beziehungsweise im Kiefer. Auch kann es zu einer Zungennekrose kommen oder Problemen mit dem Sehen, was auch unbehandelt sehr schnell in einer irreversiblen Blindheit resultieren kann. Daher ist bereits bei dem reinen Verdacht auf diese schwerwiegende Erkrankung eine sofortige Therapie mit systemischen Steroiden notwendig um eine Erblindung zu vermeiden. Leider kommt es in 50-80 % der Fälle zu einem Rezidiv.
Und natürlich darf auch der Themenkomplex Melanom nicht fehlen. Hier gibt es Zahlen zur Melanomsterblichkeit. Diese beträgt in Deutschland circa 10-12 %, in China jedoch bis zu 53 %. Generell ist diese in ärmeren Ländern beziehungsweise Ländern mit schlechterer medizinischer Versorgung deutlich erhöht. Vor allem weil Melanome dort deutlich später diagnostiziert werden. Weltweit wurden im Jahr 2020 circa 325.000 Melanome diagnostiziert, die Tendenz ist aber wie die letzten Jahre auch weiter steigend. So wird vermutet, dass im Jahr 2040 weltweit jährlich circa 510.000 Melanome diagnostiziert werden. Eine spannende Frage ist auch wie schnell wachsen denn Melanome. Zahlen hierfür zeigen, dass vor allem noduläre maligne Melanom mit einer durchschnittlichen Wachstumsgeschwindigkeit von 0,5 mm pro Monat in die Vertikale wachsen. Superfiziell spreitende und Lentigo maligna Melanome nur mit 0,12 beziehungsweise 0,13 mm pro Monat. Eine Multivarianzanalyse konnte zeigen, dass das Risiko für schnelle und aggressive Melanome vor allem für Männer erhöht ist die älter als 65 Jahre sind und die auch eine geringe Anzahl von Nävi beziehungsweise solaren Lentigines haben.
„Eine Immuntherapie wirkt bei einem noch in vivo vorhandenen Tumor wahrscheinlich besser als bei einem bereits vollständig exzidierten Tumor.” Diese Hypothese führte in einer Studie dazu, dass man Patienten vor der Entfernung des Wächter Lymphknotens einer neoadjuvanten Therapie mit 2 Sitzungen Ipilimumab und Nivolumab unterzog und diese danach nicht adjuvant weiter behandelte. Die Rate von kompletten und nahezu kompletten pathologisch bestätigten Remissionen (pCR) lag bei 61 % und bestätigt somit vorherige Ergebnisse. Dass diese Therapie aber demnächst bei uns flächendeckend eingesetzt wird ist leider eher noch unwahrscheinlich.
Ein interessanter Ansatz in der Behandlung der Stadium IV Melanome ist auch hier die neoadjuvante Therapie vor der klassischen Tumorexzision mit drei Behandlungen sowie erneut 15 Behandlungen nach erfolgter Operation. Auch dies zeigte überraschend gute Ergebnisse. Allerdings wird auch dies noch nicht so schnell Standard werden.
Auch konnten Studien zeigen, dass es einen überraschend klaren Überlebensvorteil für die Verwendung der Immuncheckpoint Inhibitoren Kombinationstherapie (ICI) in der Erstlinientherapie gibt. Erst wenn diese nicht anspricht, empfiehlt es sich die Kombination aus BRAF/MEK Inhibitoren beim Stadium IV Melanom zu versuchen. Leider gehen die ICI Therapien aber mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse einher. Zudem sind nahezu alle weiteren schwereren Nebenwirkungen meist zum Teil irreversible Autoimmunerkrankungen. Dies gilt vor allem dann zu berücksichtigen wenn es sich um Patienten in einer palliativen Situation handelt. Diese Patienten befinden sich häufig in einem stark reduzierten Allgemeinzustand, daher sind solche medikamentösen antitumoralen Therapien oft eine sehr starke Belastung in den letzten Lebenswochen. Daher sollte man eine Übertherapie in einer solchen Situation vor allem mit den ICIs vermeiden - vielmehr sollten rechtzeitig intensive Gespräche zur Palliation erfolgen.
Natürlich sind Patienten in einer so auswegslosen Situation häufig auch verführt alternativ medizinisch beziehungsweise komplementärmedizinische Hilfe zu suchen. Hierbei gibt es sehr viele Angebote die nun in einer Leitlinie alle sehr intensiv aber auch kritisch beurteilt wurden. Die meisten komplementärmedizinischen Verfahren zeigen allerdings keinen Vorteil und sind nicht zu empfehlen. Was allerdings angewandt werden soll, ist körperliche Aktivität und Sport, da dies zu einer Verbesserung der Lebensqualität führt. Aber auch hier gilt das richtige Maß. Zu viel körperliche Belastung kann auch wiederum schädlich sein. Daher ist eine moderate Empfehlung circa 10.000 Schritte pro Tag zu gehen und 3-5 Stunden Bewegung pro Woche zu haben. Auch Akupunktur zur Verbesserung von Gelenksschmerzen durch Aromatase Inhibitoren und bei Tumorschmerzen kann angewandt werden. Bei Schlafstörungen kann auch Tai Chi erfolgen. Auch Yoga ist eine mögliche komplementärmedizinische Maßnahme. Was allerdings nicht empfohlen werden kann ist die Einnahme von Vitamin E oder Carnitin, auch für Mistelpräparate gibt es keine überzeugenden Daten.
Ein völlig neuer Spieler im Bereich der sexuell übertragbaren Erkrankungen erreichte uns im Mai diesen Jahres. Die Affenpocken. Die ursprünglichen Affenpocken wurden erstmals im Jahr 1970 im Kongo bei einem neunjährigen Jungen diagnostiziert. Über mehrere Jahrzehnte gab es nur sehr wenige lokale Ausbrüche vor allem in Afrika. Die seit Mai diesen Jahres in Europa und Amerika vorkommenden Affenpocken unterscheiden sich jedoch von den bisherigen Affenpocken. Diese sind primär nur über sexuelle übertragbare Wege zu verbreiten. Zudem treten die Manifestationen überwiegend nur im genitalen und analen Bereich auf. In 95 % der Fälle ist die Haut befallen und bei 64 % der Patienten handelt es sich um weniger als zehn Läsionen. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel sieben Tage aber auch schon nach 2-3 Tagen kann diese Infektion Symptome hervorrufen. Es gibt auch eine Impfung gegen die Affenpocken. Diese kann entweder als Postexpositionsprophylaxe erfolgen, zum Beispiel nach engem Kontakt mit einer infizierten Person oder bei Kontakt zu Material in der medizinischen Versorgung beziehungsweise in Laboratorien. Aber vor allem ist sie sinnvoll als Prophylaxe. Hier sind zwei Impfungen notwendig, außer bei älteren Patienten die noch eine Pockenimpfung in der Vergangenheit bekommen haben, hier scheint eine zu genügen. Jedoch scheint im Moment der Ausbruch deutlich rückläufig zu sein, da kaum noch neue Infektionen gemeldet werden. Dennoch wird in den kommenden Jahren sicherlich immer mal wieder von den Affenpocken gehört werden.
Eine andere häufige sexuell übertragbare Erkrankung sind die Chlamydien. Da Chlamydien in 85 % der Fälle asymptomatisch verlaufen, ist es wichtig hier eine gute Diagnostik durchzuführen. So konnte man sehen, dass Frauen die eine primäre vaginale Infektion hatten vor allem auch durch Schmierinfektionen sehr häufig auch eine anorektale Infektion hatten. Therapeutisch wurde in einer Studie Doxycyclin mit Azithromycin verglichen. Hier wurde deutlich, dass Doxycyclin überlegen und auch besser verträglich ist. Da der Verlauf meist asymptomatisch ist, ist sowohl bei Chlamydien als auch bei einer Gonokokken Infektion eine Kontroll PCR nach circa 4-6 Wochen empfohlen.
Auch die humanen Papillomaviren, von denen es 200 verschieden Genotypen gibt, sind weiterhin ein Problem. So hat man gesehen dass HIV positive Männer die Sex mit Männern haben ein massiv erhöhtes Risiko für ein Analkarzinom haben. Der Entwicklung von Analkarzinomen gehen Präkanzerosen voraus, die sogenannten high-grade squamous intraepithelial lesions (HSIL). Daher wird ein regelmäßiges Screening mittels hoch-auflösender Anoskopie 1x/Jahr empfohlen.
Auch im Bereich der Allergologie gibt es Änderungen. So wird beim Asthma Grad eins und zwei zwischenzeitlich empfohlen als Standardtherapie bei Bedarf eine inhalative Kombination aus einem Steroid und Formoterol zu verwenden. Salbutamol, welches man früher verwendet hat, ist nicht mehr das Mittel der Wahl beim leichten kontrollierbaren Asthma. Auch gibt es einen neuen Antikörper zur Behandlung des Asthmas. Der Vorteil ist, dass dieser bei allen unterschiedlichen Formen von Asthma wirksam ist. Dieser Wirkstoff ist Tezelimumab und ist in Europa und den USA für schweres Asthma ab zwölf Jahren zugelassen.
Für die Behandlung mittels Hyposensibilisierung gibt es eine neue Leitlinie. Große Änderungen finden sich hier zwar nicht, es werden jedoch Beta Blocker und ACE-Hemmer nicht mehr generell als Kontraindikation angesehen, sondern nur noch je nach Patient individuell. Eine Hyposensibilisierung auf Erdnuss Allergien sollte laut neuen Studien wohl zukünftig schon im ersten oder zweiten Lebensjahr beginnen. Das Problem hierbei ist lediglich, dass der Effekt nach Ende der Hyposensibilisierung leider relativ schnell wieder nachlässt und kein bleibender Benefit besteht.
Was die Diagnostik von Allergien betrifft, so wurde hier noch mal darauf hingewiesen, dass man einen Epicutantest in gewissen Fällen auch noch mal nach 7-10 Tagen ablesen sollte. Dies wird insbesondere empfohlen bei Verdacht auf eine Sensibilisierung gegenüber Kortikosteroiden oder auch Metallen und Formaldehydsubstanzen. Denn bisher wurden bis zu 15 % der positiven Reaktion nicht erfasst, da eine Ablesung nach Tag drei nicht mehr erfolgte. Auch bei Patienten mit Psoriasis sollte diese späte Ablesung erfolgen, da die Reaktionen hier oft auch verzögert sind.
Generell haben in Deutschland circa 27 % aller Menschen mindestens eine Kontaktallergie. Was auch in den letzten Jahren zunehmend Probleme bereitet sind Allergien auf Propolis, Zuckertenside und Schellack.
Ein Thema was in den letzten Jahren zu viel medialer Aufmerksamkeit geführt hat, ist das Thema Impfungen. Diese werden schon seit Jahrhunderten eingesetzt zuerst in Asien und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch in Teilen Europas. So impfte nachweislich im Jahr 1796 ein britischer Landarzt den Sohn seines Gärtners mit Kuhpocken, um ihn darauf hin mit den normalen Pocken in Kontakt zu bringen, woraufhin dieser keine Reaktion entwickelte. Auch hat Bayern im Jahr 1809 als erstes Land der Welt ein Impfgesetz erlassen. Auch förderten König Friedrich II und die Kaiserin Maria Theresia Impfbestrebungen bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, nachdem Letztere vier Kinder und zwei Schwiegertöchter an die Pocken verlor und selber daran erkrankte.
Natürlich hat sich da in den letzten Jahrhunderten sehr viel getan und vor allem in Deutschland sind wir in einer sehr luxuriösen Position und können gegen sehr viele Krankheiten impfen. Dennoch sind viele Menschen gegen unterschiedliche Erkrankungen in unserer Gesellschaft nicht geimpft. So sind zum Beispiel nur 3 % der Bevölkerung zweimal gegen Herpes Zoster geimpft. Hier spielt oft eine meist unbegründete Angst vor Allergien eine Rolle. Die Häufigkeit einer echten anaphylaktischen allergischen Reaktion auf eine Impfung liegt bei eins zu 760.000. Viele verwechseln lokale Reaktionen mit Allergiereaktionen, dies sind allerdings keine Allergien. Auch eine Spättypurtikaria nach einer Lebendimpfung ist keine Allergie. Und wir wissen zwischenzeitlich auch, dass die Hühnereiweißallergie keine entscheidende Rolle spielt. Die einzigen Ausnahmen hierbei sind anaphylaktische Reaktionen nach oraler Aufnahme eines Impfstoffes beziehungsweise bei der Gelbfieberimpfung - bei allen anderen Impfungen haben Hühnereiweiß-Allergiker in der Regel nichts zu befürchten.
Auch gibt es viele kursierende falsche Kontraindikationen für eine Impfung. Diese falschen Kontraindikationen sind zum Beispiel banale Infekte mit einer Temperatur von weniger als 38,5°, eine Antibiotika Therapie, Dermatosen oder Ekzeme sowie niedrig dosierte systemische und topische Glucocorticoidsteroide. Auch Patienten mit Immundefekten haben bei einer Impfung mit Todimpfstoffen nicht mit Problemen zu rechnen. In der Schwangerschaft jedoch sollten keine Lebendimpfungen gegeben werden. Auch sollte man nach einer Lebendimpfung für einen Monat eine Schwangerschaft vermeiden, aber versehentliche Lebendimpfungen sind natürlich kein Grund zum Abbruch der Schwangerschaft. Zudem sollten generell keine Impfungen im ersten Trimenon verabreicht werden, eine Sars-CoV-2 Impfung ab dem zweiten Trimenon allerdings ist kein Problem und auch die notwendige Antikörper Übertragung an das Kind nach einer Impfung der Mutter findet erst ab dem zweiten und dritten Trimenon statt.
Gerade im Bereich der Dermatologie ist eine Impfung gegen Herpes Zoster ein wichtiges Thema. Eine von drei Personen erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem Herpes Zoster. Die sind in Deutschland circa 400.000 Fälle pro Jahr. Eine schwer zu behandelnde Komplikation, die postzosterische Neuralgie, hat immerhin eine Inzidenz von 10-30 %. Sollte es sich um einen Zoster ophthalmicus handeln, kann es auch in 10-25 % der Fälle zur Sehstörungen oder einem Sehverlust kommen. Auch ein Hörverlust ist möglich. Zudem konnte man ein erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt und einen Apoplex binnen zwölf Monaten nach einer Infektion nachweisen. Vor allem bei Erwachsenen mit Asthma, einer chronisch obstruktiven Lungenkrankheit, einer KHK, einer rheumatoiden Arthritis oder Depressionen besteht ein um durchschnittlich 30 % erhöhtes Risiko an einem Herpes Zoster zu erkranken. Trotz dieser schweren Erkrankung, die häufig mit schwerwiegenden Komplikationen und Langzeitschäden einhergehen kann, sind wie gesagt nur 3 % komplett durchgeimpft. Hier müssen wir unbedingt Aufklärungsarbeit leisten. Und auch eine durchgemachte Zoster Infektion bedeutet keinen lebenslangen Schutz. 10 % der Erwachsenen erleben innerhalb von zehn Jahren mindestens ein Herpes Zoster Rezidiv - die mittlere Zeit bis zum ersten Rezidiv lag bei fünf Jahren. Daher sollten auch Patienten nach einer Herpes Zoster Infektion noch geimpft werden. Als bester Zeitraum wird hier circa 3-6 Monate nach Infektion die Impfung empfohlen. Da in der Regel die Impfung mit dem 60. Lebensjahr empfohlen wird (bei Risikopatienten ab dem 50. Lebensjahr), ist es eventuell möglich nach circa 20 Jahren eine Auffrischungsimpfung vorzunehmen.
Eine andere wichtige Gruppe von Viren gegen die man impfen kann sind die humanen Papillomaviren. Hier steht ein zwischenzeitlich neunfacher Impfstoff zur Verfügung, für Mädchen und Jungen zwischen dem neunten und 14. Lebensjahr - im besten Fall vor dem ersten Sexualkontakt. In dieser Altersspanne genügen zwei Impfungen im Abstand von mindestens fünf Monaten. Sollte der Impfling über 15 Jahre alt sein, werden drei Impfungen empfohlen. Dies ist vor allem deswegen wichtig, weil mehr als 10 % der insgesamt 200 HPV Genotypen ein onkogenes Potential besitzen. Zudem sind die HP Viren für mehr als 5 % alle Karzinome verantwortlich - beim Zervixkarzinom sind sie in 100 % der Fälle als Auslöser zu eruieren. Dennoch sind nur 51 % der unter 18-jährigen gegen HPV geimpft. Auch hier muss die Zahl deutlich ansteigen.
Auch das Thema Nichtmelanozytärer Hautkrebs wurde dieses Jahr wieder beleuchtet. Hier wurden Behandlungsoptionen für oberflächliche Basalzellkarzinome und SCC in situ miteinander verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass eine topische Therapie mit 5FU ähnlich effektiv war wie chirurgische oder destruktive Verfahren. Auch konnte man sehen, dass der Genuss von Citrus Früchten und Alkohol sowie die Einnahme von Folsäure in hohen Dosen eventuell mit einem erhöhten Risiko für Basalzellkarzinome einhergeht - positiv jedoch scheint sich der Genuss von Koffein auszuwirken. Für eine generelle Empfehlung fehlen hier aber weitere Studien. Auch konnte, wenig überraschend, wieder der signifikante Zusammenhang zwischen der Nutzung von Solarien und dem Auftreten verschiedener Hautkrebsformen nachgewiesen werden. Vor allem bei Patienten, deren erster Solarium Besuch vor dem 20. Lebensjahr stattgefunden hat, besteht ein über doppelt so hohes Risiko. Für viele Patienten mit Hauterkrankungen, welche ärztlicherseits mit UV Therapie behandelt werden, jedoch gibt es eine Entwarnung. Es konnte kein erhöhtes Risiko für eine Hautkrebsentwicklung unter UVA und UVB Therapie nachgewiesen werden - lediglich Patienten mit einem höheren Lebensalter oder die früher eine systemische Therapie mit Immunsuppressiva erhalten haben, haben hier ein höheres Risiko.
Eine interessante Therapieoption bei aktinischen Keratosen ist eine Kombination aus Calcipotriol und 5FU. Diese konnte ein signifikant besseres Ergebnis in der Kombination als der Monotherapie zeigen: eine Abheilungsrate von 54 versus 14,7 % von hypertrophen aktinischen Keratosen im Gesicht. Allerdings steht hierfür noch kein Präparat zur Verfügung.
Bei Patienten die an Akne leiden sind die Eltern der größte Risikofaktor. Wenn die Eltern beide an einer Akne gelitten haben, so ist das Risiko für das Kind fast um das achtfache erhöht, wie eine Multivarianzanalyse mit über 10.000 Teilnehmern zeigen konnte. Aber auch der Schokoladenkonsum geht mit einer Verschlechterung der Akne einher. Auch Laktose ist ein weiterer Faktor für eine Verschlechterung der Akne. Daher leiden Patienten mit einer Laktoseintoleranz seltener unter einer Akne. Rauchen hingegen scheint die Akne nicht zu verschlechtern. Gerade bei Frauen im gebärfähigen Alter mit stärkerer Akne, bei denen man kein Isotretinoin aus verschiedenen Gründen verwenden kann, stellen ein therapeutisches Problem dar. Hier gibt es nun eine Empfehlung Spironolacton als wirksame Monotherapie aber auch additiv einzusetzen. Auch wenn es sich hierbei um eine theoretische off Label Therapie handelt. Der maximale Effekt der Therapie wird in der Regel nach 5-6 Monaten erreicht und ist unabhängig vom Schweregrad der Akne. Der größte Benefit ist im Bereich des Kinns und der Kieferzone bei der Erwachsenenakne zu verzeichnen. Relevante Nebenwirkungen konnten hier nicht nachgewiesen werden, vor allem besteht auch kein Risiko einer Hyperkaliämie. Gerade bei Frauen über 21 Jahren kam es bei 66 % der Patientinnen zu einer 90-prozentigen Besserung und bei 85 % zu einer mindestens 50-prozentigen Verbesserung unter einer Dosis von 100 mg täglich, wie in einer Studie nachgewiesen werden konnte. Auch das PCO Syndrom ist ein häufiges Problem bei Frauen. Neben Hirsutismus, Seborrhoe und einer androgenetischen Alopecie haben auch bis zu 83 % der Patientinnen mit Akne zu kämpfen. Eine weitere Therapieoption ist hier Metformin. Dies kann entweder zusätzlich oder alternativ zu anderen systemischen Aknetherapeutika gegeben werden, vor allem bei ungewöhnlich starker Akne von Frauen und Zeichen von Hyperandrogenismus.
Was die Akne inversa betrifft, ist zwischenzeitlich Adalimumab eine effektive Therapie. Hier konnte noch mal gezeigt werden, dass eine solche Therapie keine Kontraindikation für eine operative Therapie darstellt und diese daher nicht für eine Operation abgesetzt werden muss. Auch es ist wichtig hier rechtzeitig zu behandeln, da ein früherer Beginn mit einem erhöhten Behandlungserfolg einhergeht. Bevor Adalimumab verschrieben wird, sollte ein Therapieversuch mit Clindamycin und Rifampicin für drei Monate erfolgen. Alternativ zur Adalimumab scheint sich Bimekizumab genauso effektiv zu zeigen. Upadacitinib hat in einer Studie noch bessere Daten bei der Akne inversa geliefert, daher ist davon auszugehen, dass auch dieses Präparat in Zukunft dafür verfügbar sein wird.
Bei kleinen Kindern beobachtet man immer mal wieder meist solitäre Knoten im Bereich der Wangen mit einer Neigung zur Einschmelzung und auch Ulzeration. Hier wird oft nicht die richtige Diagnose gestellt, da es sich nicht um eine Form einer Akne handelt, sondern eher eine Form einer Rosazea mit granulomatöser Manifestationsform, die faziale aseptische Granulome hervorruft. Diese ist auch häufiger mit einer okulären Rosazea assoziiert. Hier kann eine über 3-6 Monate verabreichte Therapie mit Erythromycin Saft bis zum achten Lebensjahr erfolgreich sein, beziehungsweise eine Doxycyclin Therapie ab dem achten Lebensjahr. Operationen sind hier obsolet.
Bleiben wir gespannt was das nächste Jahr an neuen Erkenntnissen und Studienergebnissen bringt.