Eigentlich sollte es ein schöner Jahreswechsel werden, doch dann explodiert ein Böller viel zu nah oder jemand wirft einen Kracher unvorsichtig in die Menge. Die Folge: Ein stechender Schmerz, gefolgt von einem dumpfen Gefühl oder einem fiesen Piepen, das einfach nicht verschwinden will. Ein Knalltrauma ist kein „kleines Wehwehchen“, sondern eine ernsthafte Verletzung des Innenohrs.
Was jetzt wichtig ist, wie der HNO-Arzt hilft und warum Abwarten die schlechteste Strategie ist, haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Was passiert bei einem Knalltrauma eigentlich im Ohr?
Stellen Sie sich Ihr Innenohr wie einen hochsensiblen Sensor vor. Wenn ein Böller explodiert, jagt das eine Druckwelle los, die binnen Millisekunden auf Ihr Gehör trifft. Wir reden hier von Pegeln über 140 oder sogar 160 Dezibel – das ist lauter als ein startender Düsenjet.
Dieser massive Luftdruck knallt regelrecht auf die winzigen Haarzellen in der Hörschnecke. Diese Zellen wandeln Schall in Signale für das Gehirn um. Bei einem Knalltrauma werden sie sprichwörtlich „umgeknickt“. Im Gegensatz zum Explosionstrauma bleibt das Trommelfell beim Knalltrauma meistens heil, aber der unsichtbare Schaden im Inneren ist tückisch.
Typische Anzeichen: Haben Sie ein Knalltrauma?
Die Symptome treten meist unmittelbar nach der Explosion auf. Achten Sie auf diese Anzeichen:
- Watte im Ohr: Sie hören alles wie durch eine dicke Wand oder unter Wasser.
- Der klassische Tinnitus: Ein hoher Pfeifton oder ein Rauschen, das nicht aufhört.
- Druckgefühl & Schmerz: Es fühlt sich an, als müsste man dringend einen Druckausgleich machen.
- Verzerrtes Hören: Stimmen klingen plötzlich blechern oder fremd.
- Schwindel: In seltenen Fällen schwankt der Boden – ein Zeichen, dass auch das Gleichgewichtsorgan im Ohr etwas abbekommen hat.
Der Morgen danach: Was der HNO-Arzt jetzt macht
Ein weit verbreiteter Irrtum: „Das geht nach dem Schlafen schon wieder weg.“
Haben sich die Beschwerden nach der Silvesternacht nicht bis zum nächsten Morgen gebessert, ist der Gang zum HNO-Arzt (oder zum HNO-Notdienst) Pflicht.
Der Check-up umfasst:
- Otoskopie: Er schaut tief ins Ohr, um das Trommelfell auf Risse zu prüfen.
- Audiometrie (Hörtest): Hier zeigt sich oft eine typische „Senke“ im Hochtonbereich – dort, wo das Gehör durch Knalle am empfindlichsten ist.
- Prüfung des Innenohrs (OAE): Mit der Messung der „Otoakustischen Emissionen“ prüft der Arzt direkt, ob die feinen Haarzellen noch arbeiten oder geschädigt sind.
Therapie und Heilungschancen: Jede Stunde zählt
Die gute Nachricht zuerst: Unser Gehör hat eine gewisse Regenerationsfähigkeit. Aber diese Heilungschancen hängen massiv davon ab, wie schnell Sie handeln. Idealerweise beginnt die Behandlung innerhalb der ersten 24 bis 48 Stunden.
- Kortison-Therapie: Um Entzündungen zu stoppen und die Durchblutung im Innenohr anzukurbeln, werden meist hochdosierte Glukokortikoide (Kortison) eingesetzt – entweder als Tablette oder per Infusion.
- Intratympanale Therapie: Reichen Tabletten nicht aus, kann der Arzt das Medikament in schweren Fällen direkt durch das Trommelfell ins Mittelohr spritzen, damit es ohne Umwege an der Hörschnecke wirkt.
- Absolute Ruhe: Das ist die wichtigste „Medizin“. Vermeiden Sie nach dem Vorfall konsequent jede Form von Lärm. Keine Kopfhörer, keine lauten Partys – Ihr Gehör braucht jetzt Urlaub.
Profi-Tipps für die nächste Silvesternacht
Vorsorge klingt langweilig, rettet Ihnen aber vielleicht das Gehör. Neben den Klassikern wie Ohrstöpseln helfen zwei oft unterschätzte Tricks:
- Mund leicht auf: Es klingt seltsam, hilft aber physikalisch. Ein leicht geöffneter Mund kann den Druckausgleich zwischen Rachen und Mittelohr unterstützen und den Aufprall der Schallwelle auf das Trommelfell minimal abfedern.
- Finger in die Ohren: Wenn es in der Nähe knallt, ist das die einfachste Sofortmaßnahme.
- Ohrstöpsel einpacken: Die kleinen Schaumstoff-Stöpsel fallen im Dunkeln niemandem auf, retten Ihnen aber vielleicht das Gehör.
- Vorsicht mit Alkohol: Wer viel trinkt, reagiert langsamer und nimmt Schmerz weniger wahr. Man merkt oft erst viel zu spät, dass man zu nah an der Gefahrenquelle steht.
- Abstand halten: 5 bis 10 Meter Sicherheitsabstand zu Feuerwerk sollten immer das Minimum sein.
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