Wer Medikamente im Internet bestellt, um Geld zu sparen, könnte am Ende teuer bezahlen, denn in den günstigen Produkten lauern oft Gefahren, die man nicht sieht. Die Pillen und auch die Verpackungen sind so perfekt nachgemacht, dass man Plagiate kaum erkennen kann. „Die Zeiten, in denen der Name auf der Verpackung einen Rechtschreibfehler hatte, sind vorbei. So einfach haben wir es nicht mehr“, erklärt Zollfahnder Schmitz.
Gefälscht werden vor allem Lifestyle - Präparate: Männer ordern vorzugsweise Potenzpillen wie „Viagra“. Allein im vergangenen Jahr wurden fünf Millionen Tabletten gegen erektile Dysfunktion sichergestellt. Frauen dagegen bestellen im Netz häufig Appetitzügler oder auch Antibabypillen. Sind zuviel oder zuwenig pharmazeutische Wirkstoffe drin, kann das schwere gesundheitliche Folgen haben und im schlimmsten Fall zum Tode führen. In gefälschten Potenzpillen hat man schon die Partydroge „Speed“ gefunden und in Schlankheitspillen giftige Schwermetalle.
Aber auch Plagiate von blutdrucksenkenden Tabletten, HIV-Medikamenten, Cholesterin senkende Arzneien oder Antibiotika werden auf Internetseiten wie „ www.männer-apotheke.com “ angeboten. Meist seien sie gar nicht viel billiger, würden aber ohne Rezept angeboten: „Vorsicht bei allen Medikamenten, die eigentlich verschreibungspflichtig sind“, rät Martin Fensch, Unternehmenssprecher von Pfizer. Im Netz würden Mittel vertrieben, die keiner Kontrolle unterliegen und überwiegend in China, Indien und Südamerika unter unsäglichen hygienischen Umständen in Fälscherwerkstätten hergestellt werden. Talkumpuder, Bohnerwachs oder Straßenfarbe würden als Inhaltsstoffe gern mal verarbeitet werden.
Er empfiehlt, Medikamente in normalen Apotheken zu kaufen, da man hier sicher sein könne, zugelassene Medikamente zu bekommen. Außerdem gebe es auch seriöse Versandapotheken, deren Listen der Apothekerverband (ABDA) herausgibt.
Für die Drahtzieher des unkontrollierten Internethandels lohnt sich jede Mühe, denn sie verdienen nach Angaben der WHO 25 Cent pro Pille. Pro Jahr werden allein in Europa 10,5 Milliarden Euro mit gefälschten Medikamenten umgesetzt, das ganze System habe mittlerweile mafiaähnliche Ausmaße. Beteiligt sind viele virtuelle Handelsvertreter, „Webmaster“, oder „Affiliaters“, die die Produkte über eine eigene Seite vertreiben oder bewerben. „Viele der Top-Webmaster sind damit reich geworden, weil sie fette Prozente kassieren“, so Schmitz.
Natürlich haben auch die Pharmakonzerne riesige Verluste durch den illegalen Internethandel zu verzeichnen. Den genauen Schaden wollte Pfizer freilich nicht benennen, für die Pharmabranche habe die WHO aber weltweit Umsatzverluste von rund 80 Milliarden durch Internetpiraterie errechnet, sagte Unternehmenssprecher Martin French. Pfizer unterstütze den Kampf gegen gefälschte Arzneimittel, damit Patienten geschützt und Täter gestoppt werden: „Unsere Sicherheitsexperten arbeiten mit Zollfahndung, Politzei und Staatsanwalt zusammen, um die Täter zu stoppen.“
Gut zu wissen - Das Medikament enthält gar keinen pharmazeutischen Wirkstoff, so wird die Krankheit verschleppt. - Die Medizin enthält zu wenig oder viel zu viel des Wirkstoffs. Letzteres führt vor allem zur Verstärkung der (z.T. gefährlichen) Nebenwirkungen. - Enthalten sind komplett andere Wirkstoffe. So wurden in Ungarn in gefälschten Viagra-Pillen Amphetamine (die Droge Speed) entdeckt, die die Blutgefäße schädigen und zu Herzversagen führen können. - Die Bestandteile sind schlicht giftig. In Südamerika wurden in einem imitierten Schmerzmittel-Präparat ein Anti-Kakerlaken-Mittel (Borsäure), Straßenfarbe und Bodenwachs gefunden.
Hauptproduktionsstätten für gefälschte Medikamente bleiben Indien und China. Vertrieben werden sie weltweit via Internet. Die WHO beziffert das weltweite Geschäft mit diesen Präparaten auf 75 Mrd. Dollar (56 Mrd. Euro).
Die Zeiten, in denen Rechtschreibfehler, falsche Verpackungen oder Farbunterschiede beim Herstellerlogo eine Fälschung verrieten, sind vorbei. Fälscher werden immer professioneller. Experten raten: