Atemnot, Hustenreiz, Magenprobleme – die Anfälle kamen plötzlich und unerwartet und waren nicht zu diagnostizieren. Auch Medikamente halfen nicht: Fast zehn Jahre wusste Annedore R. (59) aus Bremen nicht, was ihr fehlte. Dann hörte sie von einer Akutklinik in Neukirchen, wo man auf Diagnose und Therapie von Umwelt-Krankheiten spezialisierten ist. Und das Wichtigste für sie als gesetzlich versicherte Patientin: Die Klinik hat sogar eine Krankenkassen-Zulassung. Nützte ihr aber nichts – denn die BKK Mobil Oil verweigerte ihr die Behandlung. „Medizinisch nicht notwendig“, beschied man ihr schriftlich.
Die Geschichte von Annedore R. ist kein Einzelfall. Allein in der Spezialklinik Neukirchen gibt es mehrere Patienten, deren Behandlungskosten im Nachhinein von den zuständigen Kassen drastisch reduziert oder gleich gar nicht erst genehmigt wurden. Diese Praxis, die mehr und mehr um sich greift, ist nicht nur für Kliniken ein Problem, sondern vor allem für chronisch Kranke. „Gerade Patienten, die Umweltgifte nicht abbauen können, sind darauf angewiesen, regelmäßig behandelt zu werden“, erklärt Dr. Laszlo Ressler-Antal, Ärztlicher Direktor der Klinik. Derzeit führt er mehrere Prozesse gegen zwei Betriebskrankenkassen.
Rund acht Millionen synthetische Substanzen gibt es in unserer Umwelt – Lösungsmittel und Duftstoffe zählen ebenso dazu wie Schwermetalle, Pestizide oder Legierungen in Zahnplomben. „Ist der Körper nicht fähig, all die Schadstoffe, mit denen wir täglich konfrontiert werden, wieder abzubauen, wird er krank“, so der Mediziner. „Eine chronische Vergiftung führt auf Dauer zu gravierenden Organ- und Nervenschäden.“ In seiner Klinik weist er mit Hilfe einer ausgefeilten Diagnostik sowohl Schadstoffbelastungen als auch einen Mangel an Entgiftungsfähigkeit nach. Kernpunkt der Therapie ist die Entgiftung des Körpers. „Dafür gibt es bestimmte organische Stoffe, die Metalle im Blut binden und sie ausleiten.”
Um sich vor den Kosten zu drücken, werden Umwelt-Patienten von ihren Krankenkassen gern als eingebildete Kranke diskreditiert. Wie Christian K. (31): Mit 16 kollabierte er ohne ersichtlichen Grund in der Schule. In der Folge kam es zu Schwindel, Verwirrung, Übelkeit, Atemnot und Magenproblemen. Der Verdacht auf eine Umweltvergiftung kam zwar schnell auf. Doch sämtliche Therapien halfen nur bedingt, waren zudem privat zu zahlen. Seine Eltern verschuldeten sich im Laufe der Jahre, mussten sogar ihr Haus verkaufen. Nach einer Therapie in der Spezialklinik Neukirchen geht es dem jungen Mann wieder besser. Obwohl zu 70 Prozent schwerbehindert, kann er jetzt Teilzeit arbeiten, Auto fahren und eine Fremdsprache lernen, um sein Gehirn zu trainieren. Trotzdem verweigerte die BKK Novitas im Nachhinein die Kosten-Übernahme, weil „die Therapie auch ambulant hätte durchgeführt werden können“.
Jetzt will Christian K. die Krankenkasse wechseln. Das hat auch Annedore R. getan und konnte ihre Therapie mit einem Jahr Verspätung antreten. „Es war höchste Zeit.“