Innere Ruhe entsteht durch das Zusammenwirken verschiedener Sinneseindrücke. Die Forscher konzentrierten sich auf den Sehsinn und versetzten ihre Probanden in zwei Situationen, die trotz gleicher Geräuschkulisse unterschiedlich auf die Psyche wirken: Ein Meeresstrand mit ständigem Rauschen von sich brechenden Wellen, sowie eine Autobahn mit dröhnendem Verkehrslärm. Während die Versuchspersonen abwechselnd Bilder dieser Szenen sahen und dabei stets das gleiche Geräusch vorgespielt bekamen, scannten die Forscher ihre Gehirne.
Beim Anblick der Strandbilder traten die Gehirnregionen, die akustische Signale verarbeiten, viel stärker mit anderen Regionen in Austausch als bei der Autobahn. “Betroffen waren der mediale Stirnlappen und der hintere zinguläre Kortex. In diesen Regionen vermutet man die soziale und selbst-referenzielle Verarbeitung”, berichtet Studienautor Simon Eickhoff vom Forschungszentrum Jülich. Zudem sind diese Regionen dann aktiv, wenn der Mensch sich auf sich selbst konzentrieren kann und gerade eben nicht die Aufmerksamkeit auf äußere Dinge richtet.
“Es verblüfft, dass Ruhe somit ein aktiver Zustand ist und nicht nur das Fehlen von Stressoren bedeutet”, betont der Forscher. Subjektive Wahrnehmung lässt sich nicht messen, so eine weitere Erkenntnis. “Wir erleben nicht nur das, was auf unsere Sinnesorgane trifft, sondern auch was unser Gehirn daraus macht.” Eine Umgebung kann demnach lauter sein als vorgesehen und trotzdem als angenehm empfunden werden, sofern sie entsprechend gestaltet wird. “Ein Extrembeispiel dafür ist ein lautes Konzert im Vergleich zum leiseren, jedoch als störender empfundenen Lärm eines vorbeifahrenden Zuges”, so Eickhoff.
Welche Umgebung Menschen in diesen Ruhezustand versetzt, ist individuell sehr verschieden. “Viele nennen dafür eine offene Landschaft wie etwa das Meer oder die Natur, kaum hingegen von Menschen geschaffene Stadtumgebungen”, erklärt Studienleiter Michael Hunter vom Sheffiled Cognition and Neuroimaging Laboratory. Es sei jedoch durchaus denkbar, dass gelungene Architektur oder Parks zu dieser Ausgeglichenheit beitragen. “In der Planung von Städten sollte man gezielt solche Orte schaffen”, schlägt der Forscher vor.
Den Geisteszustand, den die Forscher mit dem Begriff “Tranquility” beschreiben, ist unter Psychologen gut bekannt. Umweltpsychologen loben an ihm die “ungerichtete Aufmerksamkeit”, die er ermöglicht. So konnte kürzlich in Versuchen gezeigt werden, dass eine Naturumgebung - Zimmerpflanzen reichen hier bereits - bei manchen Menschen das Gemeinschaftsdenken und die Großzügigkeit steigert. Die dafür nötige Naturliebe ist allerdings nicht jedem mitgegeben.