Immer häufiger kommen hierzulande Übergewichtige mit Schmerzen in den Knie- oder Hüftgelenken zum Orthopäden. „Dass die Beschwerden eine Folge des hohen Körpergewichts sind, ist den Betroffenen oft nicht bewusst“, erklärt Dr. med. Johannes Flechtenmacher. Dabei zählen überschüssige Kilos neben dem Alter zu den maßgeblichen Risikofaktoren für Arthrose. Die weltweit häufigste Gelenkerkrankung trifft in Deutschland ein Drittel der über 60-Jährigen : Der Gelenkknorpel nutzt sich ab und der Körper ist nicht in der Lage, ihn zu erneuern… Vor allem diejenigen, die schon in jungen Jahren übergewichtig sind, gehen ein besonders hohes Risiko ein, bereits im Alter von 30 bis 40 Jahren Arthrose in den Kniegelenken zu bekommen. Neben der mechanischen Überlastung produziert das Körperfett hormonähnliche Stoffe , die das Gelenk zusätzlich schädigen, indem sie Entzündungen verursachen. Die vielen Kilos belasten die Gelenke bei jeder Bewegung mehr als doppelt so stark wie im Stehen: „Wer 150 Kilogramm wiegt, belastet seine Gelenke beim normalen Gehen wie jemand mit 425 Kilogramm im Stehen“, erklärt Flechtenmacher. Schnelles Laufen strapaziert die Gelenke noch stärker.
Dennoch sei es wichtig, dass Betroffene sich bewegen, um das Übergewicht abzubauen und das Fortschreiten der Arthrose aufzuhalten, so Flechtenmacher. Oft helfen Medikamente und orthopädietechnische Maßnahmen, die Arthrose-Schmerzen zu lindern und dadurch körperliche Bewegung zu ermöglichen. „Auch wenn wir dem Patienten schließlich doch ein künstliches Gelenk einsetzen müssen, ist es wichtig, dass dies mit einer Gewichtsabnahme und regelmäßiger Bewegung einhergeht“, betont der niedergelassene Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Dann kann ein künstliches Gelenk bei stark übergewichtigen Menschen nicht nur die Lebensqualität und Mobilität erhöhen, sondern auch helfen, Gewicht zu senken. „Unsere Kunstgelenke sind heute so weit entwickelt, dass sie auch hohe Belastungen aushalten. Außerdem sind Orthopäden und Unfallchirurgen auf diese leider stark steigende Patientengruppe mit individuellen Therapiekonzepten und einer entsprechenden OP-Ausstattung gut vorbereitet“, so Flechtenmacher. Mit dem neuen Knie- oder Hüftgelenk werden viele Patienten wieder schmerzfrei und können damit auch ihre Aktivität steigern. Schnelle Sportarten mit starker Stoßbelastung wie beim Joggen oder Tennis sollten vermieden werden. Schwimmen, Fahrradfahren, Walking oder Aquajogging sind dagegen vor, aber auch nach einer Gelenkoperation gut geeignet.
„Auf Bewegung komplett zu verzichten, ist für Menschen mit Übergewicht die schlechteste Lösung“, warnt der Experte und betont, wie wichtig eine umfassende Therapie der Arthrose bei Übergewichtigen sei: „Als Orthopäden und Unfallchirurgen müssen wir hier auf ein optimales Zusammenspiel aus Gewichtsreduktion, Bewegung und der manchmal notwendigen operativen Expertise setzen.“ Nur so sei die Therapie wirksam und verhelfe den Patienten auch dauerhaft zu neuer, schmerzfreier Beweglichkeit und mehr Lebensqualität.