Der Begriff Vitamin B 6 oder Pyridoxin steht für eine Gruppe metabolisch untereinander austauschbarer Substanzen, nämlich: Pyridoxol (der Alkohol), Pyridoxal (der Aldehyd) und Pyridoxamin (das Amin).
In der Nahrung tritt Vitamin B 6 häufig am Eiweiß gebunden auf. Pyridoxol kommt vorwiegend in Pflanzen vor, während Pyridoxal und Pyridoxamin hauptsächlich in tierischen Geweben zu finden sind. Hervorragende Lieferanten von Pyridoxin sind Hühnerfleisch sowie Rinds-, Schweine und Kalbsleber; gute Quellen sind ferner Schinken und Fische (Sardinen, Thunfisch, Forelle, Heilbutt, Hering, Lachs), Nüsse (Erd- und Walnüsse), Brot, Weizen und Vollkorngetreide. Im allgemeinen enthalten Obst und Gemüse nur wenig Vitamin B 6; eine Ausnahme bilden Bohnen (auch Sojabohnen), Blumenkohl, Kartoffeln, Weizenkeime sowie Bananen und Rosinen, die relativ große Mengen an Pyridoxin aufweisen.
Der Mensch und andere Primaten sind zur Deckung ihres Vitamin-B6Bedarfs auf externe Quellen angewiesen. Bestimmte Darmbakterien können das Vitamin zwar synthetisieren, doch sind die Mengen sehr gering.
Vitamin B 6 ist relativ hitzebeständig, wird jedoch durch Oxidation und UV-Licht sowie in basischem Milieu zersetzt. Durch das Tiefgefrieren von Gemüse kommt es zu Verlusten von bis zu 25%, das Mahlen von Getreide zerstört bis zu 90% des Vitamins, und beim Kochen verarbeiteter Nahrungsmittel können bis zu 40% verlorengehen.
Es gibt mehr als 40 Medikamente, die in den Vitamin-B6-Stoffwechsel eingreifen, wodurch Verfügbarkeit und Status des Vitamins verschlechtert werden können.
Zu den wichtigsten Antagonisten gehören
Seinerseits kann Vitamin B 6 bei Parkinson-Patienten, die mit L-Dopa behandelt werden, als Antagonist fungieren. Hohe Dosen können hier zu einer deutlichen Verminderung der L-Dopa-Wirkung führen.
Einige Vitamine des B-Komplexes (Niacin, Riboflavin, Biotin) können mit Pyridoxin synergistisch wirken. Niacin und Riboflavin sind für die Umwandlung der verschiedenen Formen von Vitamin B6 untereinander erforderlich.
Als hauptsächliche Stoffwechselfunktion des Vitamin B 6 ist seine Rolle als Coenzym verschiedener Enzymsysteme zu nennen. In dieser Eigenschaft übt es wichtige Funktionen sowohl im Protein- als auch im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel aus. Für bestimmte Stoffwechselvorgänge ist es von wesentlicher Bedeutung: Produktion von Adrenalin, Serotonin und anderen Neurotransmittern, Bildung des Vitamins Nikotinsäure, Abbau von Glykogen, Bildung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin.
Ein ernährungsbedingter Mangelzustand mit offensichtlichen klinischen Mangelsymptomen kommt selten vor, obschon fast 50% der in der US Food Consumption Study von 1977-78 untersuchten Mahlzeiten weniger als 70% der empfohlenen Zufuhr lieferten. (In der Bundesrepublik Deutschland haben Ernährungserhebungen nicht ganz so ungünstige Daten erbracht, wobei die Versorgung hier jedoch ein sehr vielgestaltiges Bild zeigt.) Von einer Unterversorgung nicht selten betroffen sind vor allem jüngere Frauen sowie Schwangere und Stillende, ferner ältere Menschen und in geringerem Umfang auch jüngere Männer. Biochemische Hinweise für eine Vitamin-B6-Unterversorqung sind relativ häufig und äußern sich in einem veränderten Gewebestoffwechsel.
Zu den Personen, die der Gefahr einer unzureichenden Pyridoxinzufuhr und eines entsprechend mangelhaften Status in besonderem Maße aus gesetzt sind, gehören:
Eine Pyridoxin-freie Ernährung kann zu hypochromer Anämie (abnorm vermindertem Hämoglobingehalt der Erytrozyten) führen und die Umwandlung von Tryptophan in Nikotinsäure unterbinden. Ein von Antagonisten verursachter Mangel kann - wie gewisse genetisch bedingte Fehlfunktionen im Aminosäurestoffwechsel - bei ungenügender Behandlung folgende Mangelsymptome hervorrufen: Wachstumsstörungen Konvulsionen, insbesondere Krampfanfälle bei - Kleinkindern Antikörperbildung Hautveränderungen, beispielsweise seborrhoisches Ekzem Abdominalbeschwerden, Erbrechen Nierensteine Veränderungen im Elektroenzephalogramm Neuritis, Nervendegeneration. Störungen können auch andere Ursachen als einen Pyridoxinmangel haben, weshalb die Behandlung stets unter ärztlicher Kontrolle erfolgen sollte.
(Deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE)
Die empfohlenen Tagesdosen von Vitamin B 6 variieren je nach Alter, Geschlecht, Risikogruppen (siehe oben) und angewandten Kriterien. In der Bundesrepublik beträgt die empfohlene Tageszufuhr für erwachsene Männer gegenwärtig 1,8 mg, für erwachsene Frauen 1,6 mg. Der Vitamin B 6-Bedarf steigt bei eiweißreicher Ernährung, da der Proteinmetabolismus nur in Gegenwart von Pyridoxin richtig ablaufen kann. Schwangere und stillende Frauen brauchen zusätzlich 1,0 bzw. 0,6 mg, um den Bedarf des Foetus oder Säuglings zu decken.
Die handelsübliche Form von Vitamin B 6 ist Pyridoxinhydrochlorid (Pyridoxin-HCL). Es wird zur Vitaminisierung von Lebensmitteln sowie zur Nahrungsergänzung in Form von Kapseln, Tabletten und Ampullen verwendet.
Vitamin B6 ist in allen Formen gut verträglich. In dem empfohlenen Dosierungsbereich sind keine Nebenwirkungen bekannt. In der angegebenen Tagesbedarfsdosis bis zu 25 mg/Tag bestehen keine Bedenken während Schwangerschaft und Stillzeit. Zur Vorbeugung eines Vitamin B 6-Mangels bezogen auf Pyridoxinhydrochlorid wird eine Dosierung von 1,5 bis 25 mg täglich zur oralen Anwendung empfohlen: Bei längerer Einnahme (zwei Monate) von Vitamin B 6 in sehr hohen Dosen von über 1 g/Tag können neurotoxische Nebenwirkungen auftreten.
Zusammen mit den anderen Vitaminen des B-Komplexes werden eine Reihe von Lebensmitteln, z. B. Corn Flakes und ähnliche Getreideerzeugnisse, oft auch mit Vitamin B 6 angereichert. Diätetische Lebensmittel wie Babynahrung und Schlankheitsmahlzeiten müssen meist mit Vitaminzusätzen, unter anderem Pyridoxin, versehen werden.