Zwar können bis dato eingesetzte Blutverdünnungs-Präparate verhindern, dass das Blut in den Adern gerinnt und dadurch Thrombosen und Herzinfarkte ausgelöst werden, doch weil dadurch der Gerinnungsfaktor weitgehend ausgeschaltet wird, gerinnt bei Verletzungen das Blut nicht mehr. Vor allem bei inneren Blutungen kann das für Betroffene lebensgefährlich sein. Dieses, bisher nicht zu lösende Problem, könnten nun Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) gelöst haben, denn es gelang ihnen einen teilsynthetischen Blutverdünner ohne gefährliche Nebenwirkungen zu entwickeln.
Vor ein paar Jahren haben Forscher mit gentechnisch veränderten Mäusen experimentiert, denen das Enzym Gerinnungsfaktor XII (FXII) fehlte. Dieser liefert einen Beitrag zur Blutgerinnung. Gleichzeitig, so zeigte sich, waren diese Mäuse nicht durch Thromben gefährdet. Das Blut blieb flüssig. Bei Verletzungen gerann es jedoch wie gewohnt.
Viele Experten arbeiteten daher daran, einen Gerinnungsfaktor-XII-Hemmer zu finden, also ein Medikament, das den Faktor ausschaltet. Christian Heinis vom EPFL-Labor für therapeutische Proteine und Peptide nahm daran teil. Gemeinsam mit seinem Team und drei Partnerlabors in der Schweiz und in den USA entwickelte er den ersten teilsynthetischen Hemmer. Er ist hochwirksam und mit einer Halbwertzeit von 120 Stunden sehr stabil. Gefährdete Patienten müssen das Präparat also nur alle paar Tage zu sich nehmen.
“Der FXII-Inhibitor ist eine Variation eines cyclischen Peptids, das wir in einem Pool von mehr als einer Mrd. verschiedener Peptide mithilfe einer Technik namens Phagen-Display identifiziert haben”, sagt Heinis. Sie verbesserten das Präparat, indem sie einige seiner Aminosäuren durch synthetische ersetzten, um die Wirkung noch zu optimieren. “Das dauerte über sechs Jahre und zwei Generationen von Doktoranden und Post-Docs”, verdeutlicht der Forscher.
Um das Präparat realitätsnah zu testen, haben sich die Forscher mit Experten für Blut- und Krankheitsmodellierung an der Universitätsklinik Bern und der Universität Bern zusammengetan. Gemeinsam mit der Gruppe von Anne Angellillo-Scherrer zeigten sie, dass der Inhibitor die Gerinnung in einem Thrombosemodell effizient blockiert, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen. Der Inhibitor soll zunächst in Herz-Lungen-Maschinen eingesetzt werden, in denen sich häufig Blutklumpen bilden.