Der Blick auf meinen Zeitplan ließ nicht unbedingt auf eine relaxte Anreise schließen: Abfahrt zu Hause um 5.30 Uhr, Ankunft im Kreuzfahrterminal in Warnemünde ca. 15 Uhr. Auslaufen pünktlich um 18 Uhr! Bei Umsteigezeiten von maximal 15 Minuten darf da nichts schiefgehen! Und da die Deutsche Bahn ja nicht gerade als super pünktlich gilt - kein Wunder, wenn der Adrenalinspiegel morgens um vier nicht wirklich für eine ruhige Nacht spricht. Aber wider Erwarten, es klappte problemlos. Ist man erst einmal in Warnemünde in den Händen der gut gelaunten Mitarbeiter im Terminal, läuft alles wie geschmiert. Die Erholung kann beginnen und startet gleich mit Sekt und der für die Reisedauer lebensnotwendigen Bordkarte! Denn diese enthält alle Daten, die ein Kreuzfahrer braucht und ist gleichzeitig das Sesam öffne dich für jene Dinge, die nicht ohnehin inkludiert sind. Also am besten um den Hals hängen und höchstens beim Duschen ablegen.
Die Nordlandtour der AIDAdiva startet vom deutschen Warnemünde ins dänische Aarhus, stoppt in Norwegen in Kristiansand und Vik und kehrt über die stets zauberhafte dänische Hauptstadt Kopenhagen wieder zurück nach Warnemünde. Der einstige Programmpunkt Oslo wurde, zum Leidwesen einiger Passagiere gestrichen. Wer möchte, kann dafür von Kopenhagen einen Ausflug ins schwedische Malmö buchen. Zwei Seetage zur Erholung von den vielen Eindrücken machen den Kurztrip komplett.
Eine engagierte Crew, der man anmerkt, wie froh sie ist endlich wieder Gäste begrüßen zu dürfen. Ein Publikum, welches vielfach seit Jahren der Marke die Treue hält. Ein Programm mit Fun für wirklich alle Interessens- und Sportklassen jeglichen Alters und natürlich Routen, welche stets die erwarteten Highlights bedienen! Mehr kann man kaum wollen, oder?
Die Lust auf den Traumschiff-Urlaub musste zwar Corona bedingt pausieren, kehrt aber langsam zurück. Vielfach melden die Reedereien schon wieder Vollbelegung. Auf meiner Nordlandreise Ende Mai war die AIDAdiva nur zu einem Drittel belegt. Angenehm für alle jene, die keine Fans von Trubel sind. So gab es auch keine Kämpfe um windgeschützte Plätze auf den Außendecks. Aber dafür war es ohnehin noch zu kalt.
Die Frage, wie man sich auf einem Schiff bettet, ist natürlich auch eine Preisfrage. Wer im Voraus weiß, dass er sich „nur“ zum Schlafen in seiner Kabine aufhalten will, der ist mit den günstigen Innenkabinen gut bedient. Ist ein wenig Komfort gewollt, muss es zwar keine Suite, aber doch eine Balkonkabine sein. Hier lässt sich auf gut und gerne 14 qm inkl. Bad und Duschkabine bequem leben und man kann bei schönem Wetter und richtiger Sonnenlage Wolken, Wind und Wellen mal ganz alleine genießen. Für Familien gibt es auch Kabinen mit Verbindungstüren. Empfehlenswert ist das All-Inklusive-Paket1, denn es lässt keine weiteren Wünsche offen und wer schon öfter zur See gefahren ist weiß, die Rechnung am Ende ist meist höher als gedacht.
Erfreulicherweise gab es für die kostenpflichtigen und auf vier Stunden begrenzten Besuche plus buchbarer Treatments im Body & Soul Spa praktisch keine Wartezeiten. Wunderbar entspannen konnte ich, gut eingehüllt gegen den kalten Wind, im neuen Außenbereich mit Blick aufs Meer. Leider vergehen die gebuchten vier Stunden viel zu rasch, vor allem, wenn man Sauna oder das Dampfbad besucht. Die zahlreichen kosmetischen Treatments werden übrigens nicht nur von der Damenwelt geliebt. Immer mehr Männer genießen es sichtlich sehr, auf äußere Schönheit getrimmt zu werden.
Unverständlicherweise konnte das Fitnesscenter, ausgestattet mit der neuesten Gerätegeneration und trotz einem für jeden etwas bietenden Programms, nur wenig Gäste anlocken. Die Cyberobics Workouts waren sichtlich nicht das Begehr der allermeisten Fahrgäste. Was den Vorteil hatte, dass die wenigen, die sich einfanden, dann auch wirklich perfekt trainiert wurden. Bei allen anderen lautete die Devise wohl: Wohlstandsbäuche plus Corona-Hüftgold? Na und!
Immer gut besucht hingegen waren die informativen touristischen Einführungen zu den nächsten Stopps und den dazu angebotenen Ausflugszielen. Auch die teilweise schon nachmittags beginnenden Animationsprogramme, wie das beliebte Bingo, konnten nicht über Besuchermangel klagen.
Der Bogen der Alterspyramide meiner Mitreisenden spannte sich von sehr alt bis zu sehr jung. Was mir besonders auffiel ist, dass viele Familienclans eine Kreuzfahrt für runde Geburtstage oder besondere Feierlichkeiten nutzen, ebenso wie die Erkenntnis, dass Großeltern gerne mit ihren Enkeln auf Tour gehen. Und das funktioniert erstaunlich gut, denn man muss nicht, aber darf auch, ständig beieinander sein.
Ein ganz besonders kulinarisches Glanzlicht der AIDAdiva ist die im Frühjahr neu eröffnete Almhütte! Biertische, rotweissrot karierte Vorhänge und alpenländisch gekleidete KellnerInnen servieren bayrische Schmankerl und Bier a la carte zu zünftiger Volksmusik. Die Getränke auf der Alm (bei Vollbelegung sollte man reservieren) sind kostenpflichtig - was der Beliebtheit aber keinen Abbruch tut. Gute Idee, die viele begeistert! Als die Bedienungen erfuhren, dass ich sozusagen aus dem Land der Hütten und Almen komme, war die Freude groß. Vor allem die richtige Aussprache der Speisekarten-Gerichte wurde mit mir geübt. Jodeln wollte man dann aber doch nicht lernen – dafür gibt es auch die Musiker, die am Abend aufspielen und die Hütte buchstäblich zum Kochen bringen. Wen wundert es da, dass abends hier geschunkelt und auch mitgesungen wird, gerade so als säße man im Oktoberfestzelt!
Wer mal abends kein reichhaltig und schmackhaftes Buffet zu sich nehmen will, kann im Gourmetrestaurant Rossini dinieren und sich richtig verwöhnen lassen. Allerdings ist der Besuch dieses kulinarischen Highlights dann auch auf der Bordrechnung enthalten. Generell wird hier aber jeder Gast, egal ob vegetarisch, vegan oder auf besondere Unverträglichkeiten zu achten ist, wirklich gut und reichhaltig bedient. Stets frisches Gemüse und Obst sowie täglich frisch gebackenes Brot aller Sorten (auch glutenfrei) lassen jeden Ernährungsberater jubeln und die Küchen-Crew stellt gerne auch eine individuelle Menüabfolge zusammen.
Der Verwöhnstatus im Gastrobereich ist außergewöhnlich hoch – und zwar für jedermann! Allein bis man sich durch alle Küchenköstlichkeiten gegessen hat, bräuchte es mindestens 14 Tage. Für alle Cocktails oder die gesamte Weinkarte sollten man zumindest drei Wochen einplanen. Wer dennoch mal über die Stränge geschlagen und seinen Magen beleidigt hat, kein Problem: wozu gibt einen Arzt an Bord? Die Krankenstation ist jetzt sicher kein Must-have, aber wenn es denn sein muss, ist sie da und hervorragend besetzt. Und zwar in jeder Hinsicht.
Warnemünde gilt als Hotspot für Ostseekreuzfahrten und glänzt vor allem zur jährlichen Hanse Sail mit maritimem Flair. Wer kann, sollte einen Tag früher anreisen und die letzte Nacht im direkt dem Kreuzfahrtterminal gegenüber gelegenen Hotel Hohe Düne nächtigen. Neben dem immer noch in Betrieb befindlichen Leuchtturm ist auch die über einen halben Kilometer lange Westmole einen Besuch wert. Wer Zeit und Lust hat, sollte sich auch die Hansestadt Rostock nicht entgehen lassen.
Pünktlich um 18 Uhr heißt es dann „alle Mann an Bord, Leinen los“ und bald darauf ist der Leuchtturm nur noch ein Punkt in weiter Ferne.
Aarhus liegt am Kattegat und ist mit rund ca. 250.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Dänemarks und neben Kopenhagen der wohl bedeutendste Wirtschaftsstandort des kleinen Landes. Trotzdem sind die meisten Sehenswürdigkeiten, vom Schiff aus fußläufig erreichbar. Die junge, von unzähligen Studenten aus allerlei Ländern überbordende Altstadt, mit dicht gedrängten Bars und Restaurants, wurde mit viel Fingerspitzengefühl restauriert. Gutes Schuhwerk ist beim Spaziergang über das Kopfsteinpflaster empfehlenswert. Kleine Boutiquen mit dänischer Designermode locken ebenso zum Besuch wie die hübschen Cafés mit ihren traditionellen Zimtschnecken. Alles gruppiert sich mehr oder weniger nah um den 1300 errichteten Backsteindom, der dem Heiligen Clemens, Patron aller Seefahrer geweiht wurde.
Vielen Besuchern wird erst auf dem Rückweg zum Schiff die Dimension des riesigen, schon von den Wikingern benutzten Hafens bewusst. 8,8 km Kailänge, die Pier von 5,3 km. Heute wird hier die Hälfte aller Container in Dänemark umgeschlagen.
Kristiansand heißt uns dann am nächsten Morgen mit Sonnenschein willkommen. Der norwegische Hafen ist Anlaufpunkt der meisten Fähren und somit Norwegens Tor zur Welt. Die kleine weiße Stadt mit ihrem geschützten Naturhafen gilt als St. Tropez des Nordens und lässt sich das auch gerne bestätigen. Wenn man Norwegern gemeinhin eher Bedächtigkeit nachsagt, kann man dieses Vorurteil hier ad acta legen. In der Innenstadt mit vielen kleinen Shops und schönem Kunsthandwerk hört man Sprachen vieler Nationen. Schwarzafrika ist hier ebenso vertreten, wie der nahe und Ferne Osten. Und alle scheinen sich wohl zu fühlen. Entzückend die vielen kleinen, meist strahlend weiß gestrichenen Holzhäuser der Innenstadt mit dem ganz typischen Sitzplatz neben der Eingangstür. Hier trifft man sich abends zum Small Talk mit den Nachbarn. Einen Besuch wert ist auch der Fischmarkt mit seinen beeindruckenden Hummerbecken. Die Großkrebse, die hier auf ihr Ende im Kochtopf warten, sind gerne 40 cm und länger.
Nach einem entspannenden Seetag erreicht die AIDAdiva in der Nacht eines von zahlreichen norwegischen Naturattraktionen: Der Sognefjord ist der längste Fjord Europas und das Örtchen Vik liegt ziemlich in der Mitte des von unzähligen Wasserfällen gespeisten Meeresarms. Hier kann man wandern oder sich im Lachse fangen im Fluss Vikja üben. Der über mehrere Dörfer verstreute Ort bezaubert vor allem durch seine Stabkirchen, wie jene auf einem Hügel über der Gemeinde Vikøyri gelegene, weit über tausend Jahre alte Kirche von Hopperstad mit ihren drei Hochaltären. Sehenswert auch die Sagen umrankte Steinkirche von Hove auf dem Hovhügel. Nicht jedermanns Geschmack hingegen dürfte das von Kaiser Wilhelm II. gestiftete monströse Wikinger-Denkmal von Fridtjov dem Tapferen sein. Aber: Die Aussicht von der 10, 5 m hohen und auf einem pompösen 12 m Sockel stehenden Statue auf den Fjord ist tatsächlich atemberaubend schön. Schon deswegen lohnt sich ein Ausflug dorthin allemal.
Was man aber keinesfalls missen darf, ist eine Verkostung des norwegischen Nationalkäses namens Gammelost. Und hier ist Nomen tatsächlich Omen. Denn der Name ist Programm. Der vergammelt riechende Käse (wörtlich übersetzt „alter Käse“) aus Sauermilch und der Schimmelart Mucor mucedo hat einen ganz besonders „rassen“ Geschmack, den die Wikinger liebten. Man kann ihn zudem ziemlich lange ohne Kühlschrank aufbewahren. Wurde er früher vor allem auf den Almen des Sognefjords hergestellt, so gibt es heute nur noch eine Meierei, die ihn produziert: jene in Vik nämlich. Doch Gammelost ist nicht nur der älteste norwegische Käse, er ist auch ziemlich gesund und Blutdruck senkend. Sein Proteingehalt liegt bei stattlichen 50 %, sein Fettgehalt jedoch nur bei 1 %. Ein Probierversuch in der Meierei von Vik lohnt sich allemal und bleibt in jeder Hinsicht unvergesslich!
Viel zu schnell geht es an diesem sonnenbeschienenen Tag per Tenderboot wieder zurück aufs Schiff, eine kurze Nacht plus ein letzter Seetag erwartete uns.
Höhe- aber auch Endpunkt der 7-Tage-Reise ist Kopenhagen, Dänemarks stets aufs Neue bezaubernde und auf viele Inseln verteilte Hauptstadt. Sie ist nicht nur Residenzstadt einer Königin, sondern in ihr können sich alle Radfahrer:innen als König oder Königin fühlen. Und natürlich wacht über alle die kleine Meerjungfrau, weltbekannt und recht unspektakulär, wenn man dann vor ihr steht. Was man sich keinesfalls entgehen lassen sollte, ist das Rokokoviertel um Schloss Amalienborg. Hier, in der historischen Altstadt namens Indre By, residiert nicht nur Königin Margarete, sondern auch das dänische Parlament und wenn Frau Königin anwesend ist, dann gibt es eine sehenswerte Wachablösung vor dem Schloss. Fußläufig liegt, eingebettet in zauberhafte Gärten, das Renaissanceschloss Rosenborg, in welchem man die sehr sehenswerten Kronjuwelen bestaunen kann. Wer sich weniger für Klunker interessiert, der kann auch Schloss Christiansborg einen Besuch abstatten. Aber natürlich bietet Kopenhagen noch viel mehr: Den Vergnügungspark Tivoli beispielsweise oder den quirligen Nyhaven mit seinen unzähligen kleinen bunten Häusern. Nach einer Stärkung mit dem beliebten Smörrebröd (dänisch: Smørrebrød), sollte man unbedingt auch der Republik Christiania einen Besuch abstatten. In den 70er Jahren zur Freistadt ausgerufen, zählt das kollektiv geführte Dorf mit rund 1000 Einwohnern heute zu einem beliebten Ausflugsziel nicht nur für Tourist:innen. Zahlreiche Cafés und Restaurants und tolle Gratis Konzerte locken zum Besuch. ABER: Weder Fotos noch Handygespräche und Laufen sind gestattet. Die Informationsschilder am Eingang daher nicht nur ansehen, sondern vor allem lesen. Hasch gibt es hier an wirklich jeder Ecke, harte Drogen sucht man jedoch vergebens. Und das ist auch gut so und wird von den Bewohner:innen und bitte auch von den Besucher:innen respektiert.
Viel zu schnell vergeht der Tag in Kopenhagen, das übrigens dank einer spektakulären Brücke mit dem schwedischen Malmö verbunden ist. Die Brückenmaut hat es allerdings in sich: rund 130 Euro sind für die Überfahrt zu berappen.
Ein wenig wehmütig blickt man zum Abschied zurück auf die vergangenen Tage. Nur noch eine Nacht sich von den Wellen in den Schlaf schaukeln lassen, dann heißt es am nächsten Morgen Abschied nehmen in Warnemünde, wo Anfang und Ende sich die Hand reichen.
Eines hat diese Reise mit Sicherheit gebracht: Ruhe und Entspannung, bleibende Eindrücke, vor allem aber ein gelassenes zu sich selbst zurückfinden nach zwei Pandemiejahren. Ängste, Sorgen und auch so manche Corona-Nachwehe wurden in diesen sieben Tagen buchstäblich vom Wind verblasen und im Meer versenkt! Mehr Resilienz geht nicht.
PREMIUM All Inclusive beinhaltet: Freie Wahl der Wunschkabine, Getränkepaket inklusive, Social Media Flat inklusive, attraktive Ermäßigung für Frühbucher, flexible Umbuchung. ↩
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