„Iss doch einfach was!“ – Ein Satz, der für Menschen mit ARFID pure Verzweiflung bedeutet. Während Magersucht und Bulimie fast jedem ein Begriff sind, fliegt eine andere Diagnose oft noch unter dem Radar. Dabei ist der Leidensdruck enorm. Bei der vermeidend-restriktiven Essstörung (kurz ARFID) geht es nicht darum, dünn zu sein. Es geht um puren Stress beim Anblick des Tellers.
Wir klären auf, was hinter der Diagnose steckt, warum es nichts mit „schlechter Erziehung“ zu tun hat und wie der Weg zurück zu einem entspannten Essverhalten gelingen kann.
Das Kürzel steht für den englischen Fachbegriff Avoidant/Restrictive Food Intake Disorder. Klingt kompliziert, beschreibt aber ein sehr klares Phänomen: Betroffene schränken ihre Nahrungsaufnahme extrem ein. Aber – und das ist der entscheidende Unterschied zu anderen Essstörungen – das hat nichts mit dem Körperbild zu tun.
ARFID steht für Avoidant/Restrictive Food Intake Disorder – ein komplizierter Name für eine sehr belastende Situation. Vereinfacht gesagt, schränken Betroffene ihr Essen extrem ein. Aber – und das ist der entscheidende Unterschied zu anderen Essstörungen – das hat nichts mit dem Körperbild zu tun.
Wer unter ARFID leidet, findet sich nicht zu dick. Die Angst vor Kalorien spielt keine Rolle. Stattdessen dominieren drei andere Hauptmotive das Geschehen:
Lange Zeit wurden Kinder, die unter ARFID litten, als „Suppenkasper“ oder einfach als extrem mäkelig abgetan. „Das verwächst sich schon“, hieß es oft. Doch ARFID ist mehr als eine Phase.
Zwar tritt die Störung tatsächlich häufig im Kindes- und Jugendalter auf, sie betrifft aber zunehmend auch Erwachsene, die ihre selektiven Essgewohnheiten oft jahrelang vor Scham versteckt haben. Die Ursachen sind so individuell wie die Patienten selbst: Die Forschung vermutet eine Mischung aus genetischer Veranlagung, sensorischen Verarbeitungsstörungen (häufiger z. B. bei Autismus-Spektrum-Störungen) und psychologischen Auslösern wie Angststörungen.
Nicht jedes Kind, das keinen Brokkoli mag, hat eine Essstörung. Hellhörig sollten Sie jedoch werden, wenn das Essverhalten den Alltag massiv einschränkt:
Wird ARFID nicht behandelt, riskieren Betroffene ernsthafte körperliche Defizite. Nährstoffmangel, Elektrolytstörungen und Untergewicht sind die medizinische Seite der Medaille.
Doch fast noch schwerwiegender sind oft die psychosozialen Folgen. Essen ist in unserer Gesellschaft ein soziales Ereignis. Gemeinsam Mittagessen in der Kantine, das Geburtstagsessen bei Freunden, das Weihnachtsmenü – für ARFID-Betroffene sind das absolute Horror-Szenarien. Die Folge ist oft ein sozialer Rückzug. Man bleibt lieber allein zu Hause, als sich den Blicken oder Kommentaren anderer auszusetzen.
Die gute Nachricht vorweg: ARFID ist behandelbar. Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass es sich um eine ernstzunehmende Erkrankung handelt und nicht um „Zickigkeit“.
Da die Störung so vielschichtig ist, ruht die Behandlung meist auf mehreren Säulen:
ARFID ist die „stille“ Essstörung. Sie ist noch nicht so bekannt wie Anorexie, aber für die Betroffenen genauso belastend. Was wir brauchen, ist weniger Urteil („Iss doch einfach!“) und mehr Verständnis. Mit der richtigen professionellen Hilfe kann der Esstisch vom Schlachtfeld wieder zu einem Ort der Lebensqualität werden.
Hier haben wir drei interessante Quellen für Sie zusammengestellt, um das Thema zu vertiefen:
Essstörung
Bulimie
Magersucht
Stress