Der Magen-Darm-Trakt wird gerne als das “zweite Gehirn”, in der Fachsprache als enterisches Nervensystem, bezeichnet. Es enthält ein dichtes Netzwerk von Neuronen und kommuniziert mit dem zentralen Nervensystem über die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Aufgrund dieser bidirektionale Kommunikationsroute gelingt es dem Gehirn, den Zustand des Verdauungssystems zu überwachen und umgekehrt.
Bei emotionalen Reaktionen wie Aufregung oder Angst aktiviert das Zentrale Nervensystem (ZNS) den Sympathikus, der den “Kampf-oder-Flucht”-Mechanismus steuert. Stress und Angst führen, wie man schon lange und nicht nur aus Studien weiß, zu einer erhöhten Aktivität im Magen-Darm-Trakt, was sich in Symptomen wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder eben dem Gefühl von “Schmetterlingen im Bauch” äußert. Wobei Ekel und Glücksgefühle hier eng beieinander liegen.
Eine Studie von der Universität La Sapienza, geleitet von Professor Dr. Salvatore Maria Aglioti, hat sich nun intensiv mit den physiologischen Mechanismen dieses Phänomens beschäftigt und wichtige Erkenntnisse zu den Wechselwirkungen zwischen positiven als auch negativen Emotionen und dem Magen-Darm-Trakt geliefert. Gelungen ist dieser Nachweis durch den Einsatz von SmartPills. Sie überwachen in Echtzeit den Zustand des Magen-Darm-Trakts und liefern die gewonnenen Daten an externe Geräte. Mithilfe dieser kontinuierlich gesammelten Meldungen aus dem Magen-Darm-Trakt gelang es dem italienischen Forschungsteam aufzuzeigen, wie diese emotionalen Zustände die Bewegungsfähigkeit und Sekretion im Verdauungssystem beeinflussen.
Ein weiterer Studienschwerpunkt untersuchte die Rolle des Vagusnervs, der eine Schlüsselrolle in der Darm-Hirn-Kommunikation spielt. Aglioti und sein Team konnten nachweisen, dass die Stimulation des Vagusnervs emotionale und physiologische Reaktionen im Verdauungssystem modulieren kann. Dies weist auf potenzielle therapeutische Anwendungen hin, beispielsweise bei der Behandlung von Reizdarmsyndrom (RDS) und anderen stressbedingten Magen-Darm-Erkrankungen.
Des Weiteren untersuchte die Studie auch die Rolle von Neurotransmittern und Hormonen, die bei emotionalen Reaktionen freigesetzt werden. Es konnte festgestellt werden, dass Substanzen wie Serotonin und Cortisol direkte Auswirkungen auf die Magen-Darm-Funktion haben, was das Gefühl von “Schmetterlingen im Bauch” verstärken kann.
Die Erkenntnisse aus der römischen Studie von Professor Aglioti haben wichtige Implikationen für die klinische Praxis und die Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen. Durch ein besseres Verständnis der Mechanismen, die emotionale Zustände und die Magen-Darm-Funktion verbinden, können gezielte Therapien entwickelt werden, die sowohl psychologische als auch physiologische Symptome adressieren.
Durch eine therapeutische Stimulation des Vagusnervs bieten sich neue Ansätze zur Behandlung von Erkrankungen wie RDS, bei denen emotionale Stressoren eine große Rolle spielen.
Bei der Verwendung von SmartPills in der Diagnostik ließen sich künftig die Auswirkungen von Emotionen auf das Verdauungssystem präzise messen und so individuelle Therapiepläne erstellen.
Aber auch die Integration einer kognitiven Verhaltenstherapie zur Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen ließe sich durch das Verständnis der emotionalen Einflüsse auf das Verdauungssystem verbessern.
Es bleibt also spannend, welche weiteren Studien und Forschungsergebnisse uns künftig helfen können, die Behandlung von stressbedingten Magen-Darm-Erkrankungen nachhaltig zu verbessern und das Wohlbefinden der Patienten zu steigern.
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