Wir alle wollen uns gut fühlen, leistungsfähig sein und vielleicht sogar ein bisschen länger jung bleiben. Kein Wunder also, dass Nahrungsergänzungsmittel (NEM) wie Selen, Taurin, Kreatin und Ashwagandha gerade in aller Munde sind. Sie werden als „Geheimwaffen“ oder „Jungbrunnen“ gefeiert, die uns mehr Power geben, Stress wegzaubern oder das Altern aufhalten sollen. Aber mal ehrlich: Ist das alles wirklich so magisch, wie es klingt? Oder verstecken sich hinter den glänzenden Versprechen auch Risiken und fiese Wechselwirkungen mit Medikamenten, die wir vielleicht schon nehmen?
Genau das schauen wir uns hier ganz genau an! In diesem Artikel nehmen wir die vier beliebten Supplements unter die Lupe. Wir checken, was die Wissenschaft dazu sagt, welche Dosis wirklich Sinn macht und wo Vorsicht geboten ist. So kannst du am Ende selbst entscheiden, ob diese Stoffe etwas für dich sind – oder eben nicht.
Selen ist ein echtes Multitalent in unserem Körper. Dieses Spurenelement ist superwichtig für viele Abläufe: Es wirkt wie ein Schutzschild gegen freie Radikale (also als Antioxidans), hält unsere Schilddrüse auf Trab, stärkt das Immunsystem und ist sogar bei der Spermienproduktion wichtig 1.
Mal ehrlich: Ein echter Selenmangel ist bei uns in Deutschland und Europa eher selten. Unsere Böden enthalten genug davon, und auch im Tierfutter wird es oft zugesetzt. Wenn du gesund bist, brauchst du also wahrscheinlich keine extra Portion. Sinnvoll wird eine Ergänzung nur, wenn ein Arzt einen Mangel festgestellt hat. Das kann zum Beispiel bei bestimmten Schilddrüsenerkrankungen, chronischen Darmentzündungen, Nierenproblemen, Mukoviszidose, veganer Ernährung oder Essstörungen der Fall sein. Dann aber bitte nur unter ärztlicher Aufsicht und mit speziellen Selen-Medikamenten.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt täglich 60 µg für Frauen und 70 µg für Männer. Wenn du über Nahrungsergänzungsmittel nachdenkst, rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), nicht mehr als 40 µg Selen pro Tag über diese Produkte aufzunehmen.
Natürlich kommt Selen vor allem in tierischen Produkten wie Fleisch, Wurst, Eiern, Meeresfrüchten und Zuchtfisch vor. Aber auch Paranüsse, Spargel, Pilze, Hülsenfrüchte und Kohlgemüse liefern Selen.
Mehr ist nicht immer besser! Eine zu hohe Selenzufuhr, besonders durch hochdosierte Präparate, kann zu ernsthaften Problemen führen, die man Selenose nennt. Stell dir vor, du hast Gelenkschmerzen, Magen-Darm-Probleme (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall), fühlst dich müde, hast neurologische Beschwerden, Seh- oder Gedächtnisstörungen, Haarausfall, brüchige Nägel oder sogar Mundgeruch, der nach Knoblauch riecht. Im schlimmsten Fall kann eine akute Selenvergiftung sogar zum Herzversagen führen 2. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) warnt davor, mehr als 255 µg Selen pro Tag aus allen Quellen (also Essen plus Supplements) zu dir zu nehmen.
Selen kann sich mit bestimmten Medikamenten ins Gehege kommen, zum Beispiel mit Cholesterinsenkern, Blutverdünnern oder einigen Krebsmedikamenten 3. Wenn du also Medikamente nimmst, sprich unbedingt mit deinem Arzt oder Apotheker, bevor du Selen-Präparate einnimmst.
Taurin ist eine Aminosäure, die unser Körper selbst herstellt und die bei vielen Stoffwechselprozessen mitmischt. Sie ist wichtig für unser Herz, schützt unsere Nerven, hilft bei der Flüssigkeitsregulation und fängt als Antioxidans freie Radikale ab 4.
Unser Körper kann Taurin selbst produzieren, daher gibt es keinen festen Tagesbedarf. Trotzdem nehmen wir den Großteil über die Nahrung auf. Für gesunde Menschen ist eine zusätzliche Einnahme meist überflüssig. Es gibt aber Ausnahmen: Bei bestimmten medizinischen Problemen wie Herzschwäche oder bei Frühgeborenen kann eine Ergänzung unter ärztlicher Aufsicht sinnvoll sein 5. Aktuell wird auch geforscht, ob Taurin beim Thema Alterung eine Rolle spielen könnte, aber da sind die Ergebnisse noch nicht ganz klar 6.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stuft eine tägliche Zufuhr von bis zu 1.400 mg Taurin für Erwachsene als sicher ein. Bei Nahrungsergänzungsmitteln werden oft Dosen zwischen 0,5 und 6 Gramm pro Tag genannt, wobei 3 Gramm täglich als unbedenklich gelten 7. Taurin steckt natürlicherweise in tierischen Lebensmitteln, besonders viel in Meeresfrüchten (wie Krabben, Tintenfisch, Thunfisch), aber auch in Hühner-, Rind- und Schweinefleisch, Milchprodukten und Eiern.
In normalen Mengen ist Taurin für gesunde Menschen unbedenklich. Aber Achtung: Eine Überdosis, vor allem in Kombination mit anderen Wachmachern wie Koffein in Energy-Drinks, kann zu Problemen führen. Denk an Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Unruhe, Nervosität, Magen-Darm-Beschwerden und in seltenen Fällen sogar Krampfanfälle oder Kreislaufkollaps. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät koffeinempfindlichen Personen generell von Energy-Drinks ab.
Taurin kann die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten und entwässernden Mitteln verstärken. Wenn du also Medikamente nimmst, sprich unbedingt mit deinem Arzt oder Apotheker, bevor du Taurin-Präparate einnimmst.
Kreatin ist wie der Turbo für deine Muskeln! Es ist eine körpereigene Substanz, die hauptsächlich in unseren Muskeln gespeichert wird und dort eine superwichtige Rolle bei der Energieversorgung spielt. Deshalb ist es auch bei Sportlern so beliebt, um Kraft und Leistung zu steigern 8.
Wenn du Leistungssport machst und deine Schnellkraft oder Muskelmasse verbessern willst, kann Kreatin dir einen echten Schub geben. Aber nicht nur das: Studien zeigen auch, dass es positive Effekte auf unsere Denkleistung haben kann, besonders wenn wir mal zu wenig Schlaf bekommen oder im Alter 9. Und bei seltenen Muskelerkrankungen kann es ebenfalls eine Hilfe sein.
Die meisten Experten empfehlen eine tägliche Dosis von 3-5 Gramm Kreatin. Manche starten auch mit einer sogenannten Ladephase von 20 Gramm pro Tag über 5-7 Tage, aufgeteilt in mehrere Portionen, um die Speicher schneller zu füllen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sagt, dass 3 Gramm Kreatin täglich unbedenklich sind 10.
Kreatin steckt natürlicherweise in Fleisch und Fisch. Aber gerade wenn du Vegetarier oder Veganer bist, kann es schwierig sein, den Bedarf allein über die Ernährung zu decken.
Wenn du dich an die empfohlene Dosis hältst und gesund bist, ist Kreatin in der Regel sicher. Dein Körper scheidet Überschüsse einfach über die Nieren aus. Aber wie bei allem gilt: Zu viel ist nicht gut! Mögliche Nebenwirkungen können Wassereinlagerungen in den Muskeln (was zu einer Gewichtszunahme führen kann), Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Durchfall, Erbrechen) und Muskelkrämpfe sein. Achte unbedingt darauf, genug zu trinken, sonst können die Nebenwirkungen schlimmer werden. Es gab zwar Tierstudien, die auf ein erhöhtes Krebsrisiko hindeuteten, aber beim Menschen ist das bisher nicht eindeutig bewiesen.
Kreatin kann die Nieren zusätzlich belasten, besonders wenn du gleichzeitig Medikamente nimmst, die auch über die Nieren abgebaut werden (z.B. bestimmte Schmerzmittel oder Antibiotika). Wenn du Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Nieren- oder Leberprobleme hast oder schwanger bist bzw. stillst, sprich unbedingt vorher mit deinem Arzt, bevor du Kreatin einnimmst.
Ashwagandha, auch bekannt als Schlafbeere, indischer Ginseng oder Winterkirsche, ist ein echter Star in der traditionellen ayurvedischen Medizin. Dort wird sie schon seit Ewigkeiten eingesetzt, um Stress zu lindern, den Schlaf zu verbessern und die allgemeine Vitalität zu steigern 11. Klingt super, oder?
Einige Studien deuten darauf hin, dass Ashwagandha tatsächlich bei Stress und leichten Angstzuständen helfen kann 12. Auch die Verbesserung der Schlafqualität und der Denkleistung werden aktuell erforscht. Wenn du also unter leichtem Stress leidest und nach einer natürlichen Unterstützung suchst, könnte Ashwagandha eine Option sein – aber lies unbedingt weiter!
Meistens liegt die empfohlene Tagesdosis für Ashwagandha-Extrakt zwischen 300 mg und 600 mg. Wenn du die getrocknete und gemahlene Wurzel verwendest, sind es eher 3 bis 6 Gramm 13. Es ist immer eine gute Idee, mit einer kleineren Dosis anzufangen und sie bei Bedarf langsam zu steigern.
Auch wenn Ashwagandha eine lange Tradition hat, ist die wissenschaftliche Forschung zu möglichen Risiken und Nebenwirkungen noch nicht ausreichend 14. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt sogar vor möglichen Gesundheitsrisiken, besonders für Kinder, Schwangere und Menschen mit Leberproblemen.
Was kann passieren? Es wurden Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall), Benommenheit, Kopfschmerzen, Schwindel und Hautausschläge gemeldet. Richtig ernst wird es bei Berichten über Leberschäden und eine mögliche Schilddrüsenüberfunktion in Einzelfällen. Ein weiteres Problem ist, dass die Qualität der Präparate stark schwanken kann, was die Sicherheit noch schwerer einschätzbar macht.
Ashwagandha kann die Wirkung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln verstärken. Auch mit Schilddrüsenmedikamenten sowie Medikamenten gegen Diabetes, Bluthochdruck und Immunsuppressiva kann es zu Wechselwirkungen kommen. Wenn du also Medikamente nimmst oder Vorerkrankungen hast, ist ein dringendes Gespräch mit deinem Arzt Pflicht, bevor du Ashwagandha ausprobierst.
So, da haben wir’s: Selen, Taurin, Kreatin und Ashwagandha sind keine Zaubermittel, die alle Probleme lösen. Sie sind Substanzen mit echten Wirkungen, die uns in bestimmten Situationen helfen können – aber eben auch mit potenziellen Risiken, die man nicht unterschätzen sollte. Sie sind definitiv kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil. Einfach mal „auf gut Glück“ oder auf eigene Faust etwas einzunehmen, kann gefährlich sein, besonders wenn du schon Vorerkrankungen hast oder andere Medikamente nimmst.
Deshalb unser ganz wichtiger Rat: Bevor du irgendein Nahrungsergänzungsmittel nimmst, sprich IMMER mit deinem Arzt oder Apotheker. Eine professionelle Einschätzung und eventuell ein paar Laborwerte können dir genau sagen, ob eine Ergänzung für dich sinnvoll und sicher ist. Nur so schützt du dich davor, dass aus einer vermeintlichen Gesundheitsstrategie am Ende ein echtes Gesundheitsrisiko wird.
Verbraucherzentrale. (2025, Januar 14). Selen - ein guter Schutz für unseren Körper. ↩
Curazink. (o.D.). Selen & Nebenwirkungen: Selenose verhindern. ↩
Klartext Nahrungsergänzung. (o.D.). Risiken. ↩
Vitamindoctor. (2025, August 19). Taurin – für Herz, Nerven und mehr. ↩
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). (o.D.). Koffeinhaltige Limonaden mit mehr als 250 mg Koffein/l sowie mit Zusatz von Taurin, Inosit, Glucuronolacton und Guaranaextrakt. ↩
TUM. (2023, Juni 8). Studie: Einnahme von Taurin verzögert Alterung. ↩
Deister Apotheke. (o.D.). Taurin-Ratgeber: Funktion, Anwendung & Wirkung. ↩
Barmer. (2025, Juli 18). Kreatin: Wirkung und Nebenwirkungen. ↩
FZ Jülich. (2024, April 23). Kreatin verbessert die kognitive Leistungsfähigkeit bei Schlafmangel. ↩
Verbraucherzentrale. (2024, November 25). Kreatin: Nur in seltenen Fällen hilfreich. ↩
Gelbe Liste. (2024, Oktober 28). Ashwagandha: Vorsicht bei Schlafbeeren-Präparaten. ↩
Wissenschaft.de. (2024, Februar 15). Ashwagandha wissenschaftlich betrachtet: So wirkt die Heilpflanze aus der Ayurveda-Medizin. ↩
DocCheck Flexikon. (o.D.). Ashwagandha. ↩
BfR. (2024, September 10). Ashwagandha: Schlafbeeren-Präparate mit möglichen Gesundheitsrisiken. ↩
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Taurin
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Longevity