Die Schmerzforschung der vergangenen Jahre hat viel Licht in die molekularbiologischen Veränderungen gebracht, die durch wiederkehrende Schmerzreize induziert werden. Prof. Dr. Walter Zieglgänsberger (München) hat dabei entscheidend zur Erforschung der neuronalen Funktionen und molekularen Mechanismen des Schmerzreizleitungssystems beigetragen.
Nicht jeder akute Schmerz wird zwangsläufig chronisch. Dies deutet auf körpereigene Faktoren hin, die einer Chronifizierung entgegenwirken können. “Wir kennen mehrere , meist funktionell hemmende Systeme, die durch akute Schmerzreize aktiviert werden,” berichtet Prof. Zieglgänsberger.
Solche “Anti-Chronifizierungsfaktoren” haben eine eminente praktische Bedeutung für die Schmerztherapie: “Das Anstoßen der Schmerzsignal-Kaskade in Nervenzellen durch wiederholte Schmerzreize muss vermieden werden, will man nicht Gefahr laufen, chronische Übererregbarkeit von Nervenzellen auszulösen. Diese Vorgänge können durch den rechtzeitigen und konsequenten Einsatz entsprechender Medikamente, z. B. den Natriumkanal-Blocker Tolperison, verhindert oder abgeschwächt werden”, so Prof. Zieglgänsberger.
Der Natriumkanal-Blocker Tolperison moduliert spannungsabhängige Natriumkanäle an Nozizeptoren. Tolperison wirkt hier wie ein Filter: Normale Aktivität gelangt hindurch, pathologisch erhöhte Aktionspotenzial-Aktivität dagegen nicht. Damit wird das ZNS vor dem Bombardement mit Schmerz-Signalen geschützt. Präklinische elektrophysio-logische Untersuchungen an tierischem und humanem Nervengewebe zeigen: Tolperison reduziert den Natriumeinstrom an der Nervenzellmembran um 50 %. So hemmt Tolperison, das “Lokalanästhetikum zum Schlucken”, den Schmerztransfer von der Peripherie in das ZNS.
Wichtigstes Indikationsgebiet für Tolperison (Mydocalm) sind schmerzhafte Erkrankungen des Bewegungsapparates. Der Natriumkanal-Blocker vermindert den schmerzreflektorisch erhöhten Muskeltonus und damit auch die Schmerzen. Er senkt den nozizeptiven Input und beugt so Chronifizierungsprozessen vor.
Die klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tolperison wurde inzwischen in zahlreichen klinischen Studien an über 2000 Patienten nachgewiesen:
Aktuelle Studie: Mydocalm ausgezeichnet wirksam bei Rückenschmerzen
Eine aktuelle doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie unter der Leitung von Dr. Michael Struck belegt die ausgezeichnete Wirksamkeit von Mydocalm bei Rückenschmerzen: 188 Patienten, die unter chronischen Rückenschmerzen im Bereich der Hals- und/oder Lendenwirbelsäule litten, erhielten durchschnittlich 19 Tage lang 3 x 1-2 Tabletten Mydocalm mit jeweils 150 mg Tolperison. Messlatte für die Wirksamkeit war die desimetrisch bestimmte Druckschmerzschwelle im Punkt des maximalen Schmerzes. Nach einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von drei Wochen erhöhte Mydocalm die Druckschmerzschwelle im Punkt des maximalen Schmerzes signifikant stärker als Placebo. Bei Patienten mit chronifizierten Rückenschmerzen, die bereits länger als drei Monate unter Beschwerden litten, trat der Therapieeffekt mit Mydocalm besonders deutlich hervor: Die Druckschmerzschwelle konnte durch Tolperison 74 % stärker als durch Placebo angehoben werden. Mydocalm ist aber nicht nur wirksam, sondern auch gut verträglich: 90 % der an der Studie beteiligten Ärzte und Patienten bewerteten die Verträglichkeit von Tolperison mit gut oder sehr gut.
In einer prospektiven, doppelblinden, placebokontrollierten klinische Prüfung wurden 120 Patienten mit spastischen Syndromen nach Apoplex zwölf Wochen lang mit 3 x 2 bis 3 x 6 Tabletten à 50 mg Tolperison pro Tag behandelt. Während unter der Behandlung mit Mydocalm die Intensität der Spastik, gemessen mit der Ashworth-Skala, bei 78 % der Patienten abnahm, war dies in der Placebo-Gruppe bei nur 45 % der Patienten der Fall. Neben der guten spasmolytischen Wirksamkeit konnte erneut die gute Verträglichkeit von Tolperison auch über einen längeren Zeitraum (3 Monate) dokumentiert werden.
Prof. Dr. Helmut Pratzel aus München leitete eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Prüfung, in der 138 Patienten mit schmerzhaften Muskelverspannungen mit 300 mg Tolperison pro Tag behandelt wurden. Die Patienten erhielten während der dreiwöchigen Therapie eine standardisierte Physiotherapie. Messlatte war hier die Druckschmerzschwelle am Punkt des maximalen Schmerzes sowie an 16 weiteren definierten Punkten. Dabei reduzierte sich die Druckschmerz-empfindlichkeit unter Mydocalm signifikant stärker als unter Placebo. Mydocalm steigerte die Effektivität der Physiotherapie um 63 %.
1995 dokumentierte Prof. Dr. Jenö Dulin (Budapest) in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Prüfung: Mydocalm hat keine sedierenden Effekte und es treten keine Wechselwirkungen mit Alkohol auf. Die Reaktionsfähigkeit unter Tolperison unterscheidet sich nicht von Placebo – Mydocalm beeinträchtigt also nicht die Arbeitsfähigkeit.