Herpes Zoster gehört mit jährlich ca. 350.000 Fällen in Deutschland zu den häufigsten Viruserkrankungen der Haut. Neue klinische Daten - insbesondere auch die Zulassung des antiviralen Wirkstoffs Brivudin (Zostex) - machten eine Aktualisierung der Therapieempfehlungen des Herpes Zoster aus dem Jahr 1997 erforderlich. Die Ergebnisse einer Konsensuskonferenz, die Anfang diesen Jahres in Erfurt stattgefunden hatte, wurden jetzt im Rahmen eines von der Berlin Chemie AG initiierten Pressegespräches in München präsentiert.
Der Zoster stellt eine Infektion durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV) dar, die sich nach überstandener Primärinfektion in Form von Windpocken nach längerer Latenzperiode als Rezidiv durch endogene Reaktivierung manifestiert. Das VZV ist ubiquitär verbreitet. Es handelt sich um eine typische Kinderkrankheit, deren Manifestationsindex über 70 Prozent beträgt. Durchseuchungsstudien zeigten, dass ab dem 12. Lebensjahr über 90 Prozent der Untersuchten VZV-seropositiv sind.
Prinzipiell kann der Zoster in jedem Lebensalter auftreten. Allerdings steigt die Erkrankungsrate mit zunehmendem Alter erheblich an. Dabei scheinen auch zelluläre Faktoren des Immunsystems eine Rolle zu spielen. Mit zunehmendem Alter kommt es zu einem Nachlassen der zellvermittelten Immunabwehr. Je geringer aber die Zahl der im Blut zirkulierenden, durch VZV-Antigene stimulierbaren T-Lymphozyten, desto wahrscheinlicher ist der Ausbruch eines Zoster. Weitere Risikofaktoren für den Krankheitsausbruch sind u. a. Stress, Infektionskrankheiten oder auch chirurgische Eingriffe.
Ziel der antiviralen Zostertherapie ist zunächst die Verkürzung der akuten Krankheitsphase, gemessen an der Fiebersenkung, der Linderung des akuten Zosterschmerzes, am Stopp der Bläscheneruption, an der beschleunigten Abheilung der Hautläsionen und der Verhinderung von Narbenbildung. Weiteres wesentliches Behandlungsziel ist die Verhinderung bzw. Verkürzung der Dauer der postzosterischen Neuralgie (PZN).
Die frühzeitige Virustatikagabe ist aufgrund umfangreicher Studien die am besten bewiesene Therapie in Bezug auf die Reduktion von Inzidenz und Prävalenz akuter und chronischer zosterassoziierter Schmerzen. Entscheidend für den Behandlungserfolg ist der Zeitpunkt des Therapiebeginns. Dieser sollte - während der Phase der Virusreplikation - möglichst innerhalb von 72 Stunden nach dem Auftreten der ersten Hautsymptomatik liegen. Ein späteres Einsetzen der Behandlung ist noch sinnvoll, solange frische Bläschen erkennbar sind, wenn Anzeichen einer viszeralen Ausbreitung bestehen oder bei floridem Zoster ophthalmicus und Zoster oticus.
Zur systemischen antiviralen Therapie des Zoster bei immunkompetenten erwachsenen Patienten sind in Deutschland vier Wirkstoffe zugelassen: Aciclovir (i.v., oral), Famciclovir (oral), Valaciclovir (oral) und Brivudin (oral). Im Vergleich zu Aciclovir, Famciclovir und Valaciclovir hat das Virustatikum Brivudin bei VZV-Infektionen eine erheblich größere antivirale Potenz. Pharmakokinetische Untersuchungen konnten zeigen, dass Brivudin nicht nur eine lange Plasmahalbwertzeit hat, sondern auch lange in infizierten Zellen persistiert, so dass die nur einmal tägliche Gabe einer Tablette ausreicht. Zwei große prospektiv randomisierte Doppelblindstudien an mehreren Tausend immunkompetenten Patienten zeigten, dass Brivudin mit 1 x tgl. 125 mg in Bezug auf die akuten Zosterschmerzen dem Aciclovir (5 x tgl. 800 mg) signifikant überlegen ist und die gleiche Wirksamkeit aufweist wie Famciclovir mit 3 x tgl. 250 mg bzw. Valaciclovir mit 3 x tgl. 1.000 mg.
Auch in Bezug auf den chronischen Zosterschmerz, definiert als Schmerz nach Abheilung der Hautläsion, zeigt sich Brivudin in einer postsurveillance Doppelblindstudie dem Aciclovir signifikant überlegen. Im Hinblick auf die Prävalenz postzosterischer Neuralgien drei Monate nach Behandlungsbeginn erwies sich Brivudin in einer Untersuchung an über 2.000 Patienten trotz seiner weitaus geringeren Dosierung als ebenso effizient wie das sechsfach höher zu dosierende Famciclovir. Hinsichtlich der Dauer dieser postzosterischen Neuralgien zeigte Brivudin zudem eine bessere, allerdings nicht statistisch signifikante Wirksamkeit.
Mit dem Wirkstoff Brivudin (Zostex) steht in der Therapie des Herpes Zoster ein Virustatikum zur Verfügung, das die zentralen Behandlungsziele effizient erfüllt. Die einmal tägliche Gabe von nur einer Tablette im Vergleich zu drei bis sechs Tabletten täglich bei den anderen Wirkstoffen ist im Sinne einer patientenfreundlichen Therapie von zusätzlichem Vorteil. Insbesondere bei älteren Patienten, die in der Regel wegen anderer Erkrankungen bereits Tabletten anwenden müssen und bei denen das Risiko hoch ist, einen chronischen Zosterschmerz zu entwickeln, erweist sich Brivudin als Wirkstoff der Wahl.