Nach Jahrzehnten vergeblicher Forschungsansätze ist nun in den USA eine spezifische Sepsis-Therapie verfügbar, die die Sepsis-Sterblichkeit signifikant senkt: Drotrecogin alfa (aktiviert)1, das rekombinant humane Aktivierte Protein C von Lilly. In San Diego wurden erste klinische Erfahrungen mit dem Medikament diskutiert und neue amerikanische Daten zur Behandlung von Kindern…vorgestellt.
Sepsis ist eine häufige, vielfach tödlich endende Erkrankung, die auf der Intensivstation behandelt wird. Jüngste Ergebnisse aus der Grundlagen- wie auch der klinischen Forschung belegen, dass die enorm hohe Sterblichkeit der Sepsis von weltweit 28 bis 50 Prozent nicht allein durch die generalisierte Entzündungsreaktion verursacht wird: Die Pathophysiologie der schweren Sepsis zeigt vielmehr eine aus dem Gleichgewicht geratene Hämostase mit überschießender Gerinnung und unterdrückter Fibrinolyse. Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Systeme mit der pro-inflammatorischen Reaktion resultiert eine endotheliale Dysfunktion, die schließlich zu Multiorganversagen und zum Tod des Patienten führt. Während eine disseminierte intravasale Gerinnung bei weniger als 20 Prozent der Betroffenen vorliegt, lässt sich die Sepsis-assoziierte Gerinnungsstörung mit erhöhten D-Dimeren und deutlich erniedrigten Protein C Spiegeln nahezu immer nachweisen.
Rekombinant humanes Aktiviertes Protein C, Drotrecogin alfa (aktiviert), mit seinen komplexen anti-thrombotischen, pro-fibrinolytischen und anti-inflammatorischen Wirkungen hat in einer multizentrischen Studie mit 1 690 Patienten eine signifikante Senkung der Sterblichkeit um relativ 19,4 Prozent klinisch belegt. Das bedeutet, dass einer von fünf Patienten in der Studie, die an schwerer Sepsis verstorben wären, mit Drotrecogin alfa (aktiviert) gerettet werden konnte.
Seit zwei Monaten ist die Substanz in den USA zur Behandlung der schweren Sepsis bei Patienten mit hohem Sterberisiko zugelassen und inzwischen liegen eine Reihe klinischer Erfahrungen vor. So wurden in San Diego die Ergebnisse einer offenen Studie zur Pharmakodynamik und Pharmakokinetik bei pädiatrischen Patienten mit schwerer Sepsis vorgestellt. Wie Dr. Brett Giroir (Dallas, USA) ausführte, wurden 83 Kinder (Neugeborene bis zum 18. Lebensjahr) in zwei unterschiedlichen Gruppen mit Drotrecogin alfa (aktiviert) behandelt; eine Gruppe (n=21) erhielt steigende Dosierungen von 6, 12, 24 und 36 ?g/kg/h für 6 Stunden an 4 aufeinander folgenden Tagen, die andere Gruppe (n=62) erhielt 24 ?g/kg/h. Im Ergebnis waren die erhobenen klinischen Parameter der Gruppe mit 24 ?g/kg/h, wie D-Dimere und Protein C Spiegel, vergleichbar mit den bereits bei erwachsenen Patienten festgestellten Werten. Daraus schließen die Autoren, dass die schnelle Elimination von Drotrecogin alfa (aktiviert) keine altersbezogene Dosis-Anpassung notwendig macht.
Angesichts der hohen Kosten intensivmedizinischer Behandlungen ist auch bei neuen lebensrettenden Therapien die Frage nach ihrer Kosteneffektivität wichtig. Dabei kommt es darauf an, dass entweder die krankheitsassoziierten Kosten reduziert oder deutlich bessere Behandlungsergebnisse erreicht werden. Erste US-Daten zur Kosteneffektivität von Drotrecogin alfa (aktiviert) wurden in San Diego diskutiert. Derek Angus (Pittburgh, USA) zeigte auf Basis der in der PROWESS-Studie (Activated PROtein C Worldwide Evaluation in Severe Sepsis) vorliegenden Daten, dass Drotrecogin alfa (aktiviert) ein günstiges Kosteneffektivitätsprofil aufweist. Damit ist es vergleichbar mit zahlreichen etablierten therapeutischen Interventionen (z.B. bei Herzinfarkt oder Schlaganfall). Dies liegt nach Schlussfolgerungen der Autoren nicht zuletzt daran, dass mit Drotrecogin alfa (aktiviert) ein erheblicher Überlebensvorteil erreicht wird, und zwar ohne große Auswirkungen auf die übrigen Behandlungskosten.
Drotrecogin alfa (aktiviert) wird in den USA unter dem Handelsnamen Xigris™ vertrieben ↩