Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) kritisierte die tendenziöse und falsche Berichterstattung einer ZDF-Sendung zum Thema Jodversorgung und warnte ausdrücklich davor, Grundnahrungsmittel aus Angst vor vermeintlich zu viel Jod, nicht wie bisher zu verzehren. Vielmehr müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, eine kontinuierliche ausreichende Jodversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, gegebenenfalls auch durch eine Jodzufuhr mit Tabletten…um langfristige negative Folgen für die Gesundheit zu verhindern. Auch die Aussage, dass die hohe Prävalenz von Schilddrüsen-Erkrankungen in Deutschland Folge von zuviel Jod in der Nahrung sei, ist unrichtig.
Publizierte Daten großer deutscher Bevölkerungsstudien und Langzeituntersuchungen des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zeigen, dass sich die Jodversorgung in Deutschland gegenüber früheren Jahren verbessert hat (SHIP-Studie
1. Jodmangel ist die wichtigste Ursache für die Entstehung des Kropfes und von Schilddrüsenknoten. Daran leiden etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung. Alle epidemiologischen Studien haben gezeigt, dass mit einer Beseitigung des Jodmangels die Häufigkeit von Strumen und Knoten in der Bevölkerung gesenkt werden kann. Dieser Effekt tritt mit einer Verzögerung von Jahrzehnten ein und ist deshalb in Deutschland erst in Zukunft in vollem Ausmaß zu erwarten.
2. Eine Verbesserung der Jodversorgung ist durch jodiertes Salz und auch über Tierfutter möglich. Fischkonsum als natürliche Jod-Quelle ist in Deutschland nicht ausreichend. Es erfolgt ein regelmäßiges Monitoring der Jodversorgung, beispielsweise durch und andere Studien.
3. Es gibt keine Schilddrüsenerkrankung und auch keine andere Erkrankung, bei der eine jodarme Ernährung erforderlich oder hilfreich ist. Dies ist ein weitverbreiteter Irrtum, der zu unangemessenen Handlungsweisen bei Patienten führen kann. Selbst bei einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse kann jodiertes Speisesalz zu keiner Verschlechterung führen.
4. Die zunehmende Verordnung von Schilddrüsen-Hormonen lässt sich mit einer Absenkung der TSH-Referenzwerte erklären. Dadurch kommt es seit etwa zehn Jahren zu häufigeren „Labordiagnosen“ einer Unterfunktion der Schilddrüse, womit eine frühzeitige Verordnung von Schilddrüsen-Hormonen einhergeht. Die Behandlung von nur auffälligen Laborwerten wird von Spezialisten ausdrücklich nicht befürwortet (siehe auch Stellungnahmen der Fachgesellschaften, zum Beispiel der Amerikanischen Schilddrüsen-Gesellschaft), da bei diesen Patienten oft keine Schilddrüsen-Erkrankung vorliegt.
5. Es ist bislang nicht durch epidemiologische Studien belegt, dass die Fälle von Autoimmunthyreoiditis in Deutschland zunehmen. Richtig ist, dass hierzulande unnötige Diagnostik betrieben wird und deshalb oft Veränderungen ohne Krankheitswert entdeckt werden, wie zum Beispiel das Vorliegen von Schilddrüsenantikörpern in geringer Höhe, die allein keine Diagnose einer Autoimmunthyreoiditis bedeuten.
6. In bestimmten Lebensphasen besteht ein wesentlich höherer Jodbedarf. Hierzu zählen insbesondere Schwangerschaft und Stillzeit. Mit den in Deutschland und Europa üblichen Nahrungsmitteln ist es nicht möglich, diesen erhöhten Bedarf (250-300µg/Tag) zu decken. Deshalb wird Schwangeren von den Fachgesellschaften die Jodsupplementation ausdrücklich empfohlen. Folgen der mangelhaften Jodversorgung in dieser Zeit sind eine erhöhte Kropfprävalenz bei Mutter und Kind und die Gefahr einer Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung des Kindes.
Es ist unseriös und gefährlich, von einer „Jodgefahr“ im Rahmen des Konsums handelsüblicher Nahrungsmittel zu sprechen, noch dazu unter Verwendung fragwürdigen Quellen bzw. Einzelmeinungen zur Vermittlung dieser Botschaft. Es ist ferner unverantwortlich, Patienten zu vermitteln, dass ihre Allgemeinbeschwerden durch die Jodzufuhr verursacht werden. Jod verursacht keine Beschwerden und führt weder beim Menschen noch bei Rindern zur Stärkung und Gesundheit per se, aber sehr wohl Schilddrüsenhormone, deren unverzichtbarer Bestandteil das Jod ist.
Selbst Jodmengen von mehr als 200 µg/Tag stellen keine Gefährdung dar. Der Fernsehbeitrag benannte stets die Jod-Höchstwerte der Lebensmittel. Doch selbst diese Maximalwerte erreichen in der Summe gerade einmal die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Richtgrößen von 150 µg/Tag. Ein „Jodexzess“ hingegen ist nach WHO-Kriterien als dauerhafte Jodzufuhr von mehr als 500 µg/Tag definiert.