Manchmal braucht es keine tausend Kilometer, keine fernen Kontinente, kein WLAN. Manchmal reicht ein Tal – hoch oben, tief ruhig. Willkommen im Lungau, Salzburgs südlichster Region. Dort, wo die Berge schützend den Horizont einfassen, beginnt eine Reise zu den Dingen, die zählen: Zeit. Stille. Natur.
Mariapfarr liegt auf 1.120 Metern, eingekuschelt zwischen Bergen und Wiesen. Der Ort hat nichts Lautes. Und genau darin liegt sein Zauber. Im Zentrum erhebt sich die Pfarr- und Wallfahrtsbasilika zu Unserer Lieben Frau, eine gotische Kirche aus dem 15. Jahrhundert. Sie beherbergt Fresken aus der gleichen Zeit, das berühmte Silberaltärchen und das Gnadenbild der Schönen Madonna, das Joseph Mohr zu seinem Text inspirierte. 2018 wurde die Kirche zur Basilica minor erhoben – ein Ort von internationaler Bedeutung, der zugleich Pilgerziel und kulturelles Herzstück ist.
Joseph Mohr wirkte hier von 1815 bis 1817 als Hilfspriester. 1816, in einem besonders harten Winter, schrieb er den Text von „Stille Nacht“. Zwar zwang ihn das raue Klima bald zum Wechsel nach Oberndorf, wo das Lied später vertont und uraufgeführt wurde, doch in Maria Pfarr blieb sein Werk lebendig. Heute erinnert das Stille-Nacht-Museum im alten Pfarrhof an ihn, ebenso wie eine Büste und ein Brunnen im Dorf. In über 300 Sprachen hat das Lied inzwischen die Welt erobert.
Wer seine Spur weiterverfolgt, stößt schließlich auf Wagrain, wo Joseph Mohr 1848 begraben wurde – ein Bogen, der Salzburgs Landschaften und seine Kulturgeschichte auf einzigartige Weise verbindet.
Weiter oben, auf 1.500 Metern, liegt das Almdorf Omlach. Zwölf Chalets und ein Haupthaus, gebaut nach historischem Vorbild mit Holz und Naturmaterialien, stehen hier wie gewachsen. Keine großen Hotels, kein Trubel – sondern Rückzug. Jede Hütte hat ihre eigene Sauna, einen Kamin und eine Terrasse.
Die Gastgeber, Katharina und Andreas Bauer, führen das Dorf mit spürbarer Leidenschaft. Andreas betreibt nebenbei noch zehn Bienenvölker, deren Honig man probieren kann – süß, würzig und voller Kraft der Bergwiesen.
Der Tag beginnt mit Waldyoga. Die Matte liegt zwischen Lärchen, der Boden duftet nach Moos, Vögel zwitschern. Kein Blick auf Gipfel, kein Spektakel – nur das, was da ist. Natur, nah und unverstellt.
Und wer nach dieser stillen Kraft noch mehr Bewegung sucht, hat viele Möglichkeiten: eine Sonnenaufgangswanderung mit anschließendem Almfrühstück, eine Yoga-Einheit im Kräutergarten, oder im Winter eine Tour mit Schneeschuhen durch den tiefen Schnee. Wer es entspannter mag, steigt aufs E-Bike, das direkt bis vor die Hüttentür gebracht wird. Freiheit im Lungau bedeutet nicht, alles zu machen – sondern das Richtige für sich zu finden.
Nur wenige Minuten oberhalb des Almdorfes liegt die Kräutlhütte von Paul Schreilechner. Hier weiden Kühe rund um die Hütte, deren Milch direkt zu Butter, Topfen, Joghurt, Käse und Strudel verarbeitet wird. Besonders berühmt ist sein Eis aus frischer Almmilch, ganz ohne künstliche Zusätze – purer Geschmack.
Wir durften sogar miterleben, wie Frischkäse aus Rohmilch entsteht: warme Milch, ein wenig Geduld, und dann dieser Moment, wenn die Masse Gestalt annimmt. Ein Erlebnis, das man nicht vergisst.
Und genau hier öffnet sich der Blick auf den Geschmack des Lungaus. Authentisch, deftig, ehrlich. Die Region hat ihre eigenen Spezialitäten: Lungauer Eachtling, die traditionelle Kartoffelsorte, kräftiger Speck, würziger Käse. In den Gasthäusern dampfen Kaspressknödel in der Suppe, dazu serviert man selbstgebrautes Bier oder einen klaren Kräuterschnaps.
Wer sich nachts auf eine Sternenwanderung einlässt, erlebt den Lungau in einer neuen Dimension. Kaum ein Ort in Europa bietet so klare Nächte wie hier. Der Sternenhimmel des Lungaus gilt als einer der dunkelsten und reinsten Europas.
Die Sternenwanderungen, organisiert vom Biosphärenpark Lungau, führen in Täler wie Hintermuhr, Zederhaus oder Weißpriach. An der Seite von Othmar Ortner, Dark-Sky-Botschafter, taucht man ein in die Weite über uns. Er erklärt Sternbilder, erzählt von der Milchstraße und davon, wie wichtig echte Dunkelheit für Tiere, Pflanzen – und uns Menschen – ist.
Dann werden die Stirnlampen ausgeschaltet. Absolute Stille. Absolute Dunkelheit. Über uns ein Meer aus Sternen, quer darüber das leuchtende Band der Milchstraße. Ein Anblick, der sich einbrennt. Für Fotografen sind die Bedingungen perfekt, für alle anderen bleibt die Erinnerung.
Mit der LungauCard ist eine Teilnahme einmal kostenlos, ansonsten kostet die Wanderung rund 18–24 Euro.
Der Lungau ist kein Ort, den man konsumiert. Er ist ein Ort, den man zulässt. Wer kommt, sollte nicht auf Instagram warten. Sondern auf den Moment, in dem die Schultern sinken, der Atem ruhiger wird und das Handy keine Rolle mehr spielt.
Mariapfarr, Joseph Mohr, Sternenwanderung, Waldyoga, Lungauer Küche – das klingt vielleicht wie ein Werbekatalog. Aber es ist genau das Gegenteil. Es ist echt. Es ist einfach. Und vielleicht gerade deshalb genau das, was wir alle manchmal brauchen.
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